Merkblätter Anthroposophische Medizin
In dieser Rubrik haben wir die verfügbaren Merkblätter zur Anthroposophischen Medizin zusammengestellt, die Sie bei der Geschäftstelle gegen Gebühr als Broschüre bestellen können.
Sonnenlicht und Vitamin D
In den Medien wird immer wieder auf die Risiken des Sonnenlichts für die Entwicklung von Hautkrebs hingewiesen. Insbesondere Kinder sollen nach Ansicht der Gesundheitsbehörden nicht ohne Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor oder ausreichend schützende Kleidung in die Sonne gehen. Andererseits wird vor den Gefahren von Vitamin-D-Mangel gewarnt, der wiederum durch Mangel an Sonnenlicht entstehen kann. Vitamin-D-Mangel erhöht nachweislich das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen und führt zu Knochenwachstumsstörungen im Kleinkindalter. Bekannt ist auch, dass Ungeborene, deren Mütter an Vitamin-D-Mangel leiden, als Kinder häufiger bestimmte Autoimmunkrankheiten, wie die Zuckerkrankheit, entwickeln können.
Welchen Empfehlungen soll man nun folgen? Und wie kann ein gesunder Umgang mit Sonnenlicht und Vitamin D aussehen? Dieses Merkblatt gibt Ihnen Anhaltspunkte zur Orientierung, vorab oder als Ergänzung zu einer ärztlichen Beratung.
Wie wird Vitamin D gebildet und wofür brauchen wir es?
Anders als andere Vitamine kann Vitamin D vom menschlichen Körper selbst hergestellt werden, allerdings nur unter Einwirkung von Sonnenlicht: Das in der Haut aufgebaute Cholesterol wird dabei unter Sonnenlichteinfall in das Provitamin D umgewandelt. Dieses »Lichthormon« gelangt über das Blut in die Leber, wo es als Vitamin D3 gespeichert wird. In einem weiteren Schritt kann es in der Niere und anderen Organen zu aktivem Vitamin D3 umgewandelt werden. Für die Vitamin-D-Bildung spielen also das Sonnenlicht, zum anderen Alter und Gesundheit von Leber und Niere eine entscheidende Rolle.
Schon vor 100 Jahren wurde bekannt, dass Kinder, die (in den lichtarmen und dicht bebauten Arbeitervierteln) zu wenig Sonnenlicht bekamen, zu Rachitis neigten, was sich in Wachstumsstörungen und starken Knochenverformungen äußerte. Man fand heraus, dass die Aufnahme von Kalzium, das für die Knochenbildung unverzichtbar ist, vom Vitamin-D-Spiegel des Körpers abhängt. Da Vitamin D kaum oder nur in geringen Mengen in Nahrungsmitteln (wie einigen Fischarten) vorhanden ist, muss der Körper es selbst bilden – und ist dabei auf das Sonnenlicht angewiesen.
Vitamin D wirkt nicht nur aufbauend und formend auf die Knochenbildung. Es ist für ein gut funktionierendes Immunsystem unabdingbar. So können bei Vitamin-D-Mangel vermehrt Abwehrschwächen und Autoimmunkrankheiten auftreten. Überdies zeigt Vitamin D in gewissem Maß eine schützende Wirkung gegen Krebs, insbesondere Brust- und Darmkrebs. Auch für einen gesunden Schwangerschaftsverlauf ist ausreichend Vitamin D notwendig. Man könnte es so formulieren: Das Licht der Sonne hat über die Vitamin-D-Bildung eine gestaltende Wirkung (Knochen), es hilft uns, auf der Erde anzukommen (Schwangerschaft) und uns gesund zu entwickeln (Immunsystem, Vermeidung von Krebs).
Die Wirkung des Sonnenlichts auf den Menschen lässt sich allerdings nicht auf die Vitamin-D-Bildung reduzieren. Auch der Schlaf-Wach-Rhythmus, der ebenfalls für das Immunsystem, aber auch für das Lernen und die Konzentration von großer Bedeutung ist, wird durch die Aufnahme von Sonnenlicht durch das Auge angeregt. Ebenso ist die innere Regulation der Hormone stark sonnenlichtabhängig. Es gibt Hinweise darauf, dass ein Sonnenlicht-/Vitamin-D-Mangel bestimmte Formen von Depressionen begünstigt, die zum Teil auch mit einer Lichttherapie behandelt werden können. Ausreichende Bewegung unter freiem Himmel kann daher nicht einfach durch Vitamin-D-Tabletten ersetzt werden. Ganz im Gegenteil: Viele der dem Vitamin D zugeschriebenen Wirkungen werden aus dem Vergleich von Menschen mit hohem und niedrigem Vitamin-D-Spiegel abgeleitet. Dabei liegen die positiven Wirkungen nicht allein im Vitamin D begründet. In der Regel zeigen jedoch Menschen mit einem hohen Vitamin-D-Spiegel auch einen vergleichsweise gesünderen Lebensrhythmus mit ausreichender Bewegung unter freiem Himmel.
Nach neuesten Forschungsergebnissen entsteht unter Einwirkung des Sonnenlichts in der Oberhaut Stickstoffmonoxid. Es wird in das Blut aufgenommen und wirkt von hier aus harmonisierend auf eine Neigung zum Bluthochdruck und verbessernd auf die Durchblutung von Herz und Gehirn. Das ist ein schönes zusätzliches Beispiel für den hohen gesundheitlichen Wert des Sonnenlichts (1).
Wieviel Sonne brauchen wir und vertragen wir?
In Mitteleuropa steigt im Winter die Sonne am Himmel nicht sehr hoch. Außerdem ist es meist kalt und wir sind entsprechend warm angezogen, sodass wenig Sonne an unsere Haut kommt. Deshalb ist es gut, dass von Frühjahr bis Herbst Vitamin D im Körper gebildet und dann für den Winter gespeichert werden kann. Die beste Zeit für die Bildung von Vitamin D ist von März bis Oktober, jeweils etwa zwischen 10 und 15 Uhr. Im Hochsommer und in südlichen Ländern kann man die heißen Mittagsstunden aussparen. Dabei reichen meist schon 15−30 Minuten, ohne Sonnencreme. Je mehr Haut frei ist, desto besser. Je empfindlicher die Haut für Sonnenlicht ist, desto schneller bildet sie andererseits Vitamin D. Menschen mit dunklem, wenig empfindlichem Hauttyp benötigen daher mehr Sonnenlicht, hellhäutige Menschen entsprechend weniger.
Sonnencreme unterdrückt bereits bei geringen Lichtschutzfaktoren die Vitamin-D-Bildung in starkem Maße! Deshalb sollte man lieber kurz (ohne Creme) und öfter in die Sonne gehen, statt lediglich 2 Wochen im Jahr durchgängig am Strand zu verbringen. Geht man am Wohnort regelmäßig ins Freie, passt sich die Haut bei den meisten (außer bei sehr hellhäutigen) Menschen der jeweiligen Jahreszeit an und das Sonnenbrandrisiko nimmt stark ab. Präzisere Zeitangaben sind nicht möglich, da die erforderliche sowie verträgliche Verweildauer sehr vom individuellen Hauttyp, dem Wohnort und der Lichtintensität abhängen.
Im Allgemeinen gilt: Wer 3 × pro Woche z. B. Hände, Arme und Gesicht von der Sonne bescheinen lässt, so lange, dass es gerade nicht zu einem (leichten) Sonnenbrand kommt, der wird ausreichend Vitamin D bilden, ohne sich einem Risiko für Hautkrebs auszusetzen. Allerdings gibt es Menschen, die konstitutionell, aufgrund ihres Alters oder krankheitsbedingt nur wenig Vitamin D bilden. Dies sollte im Einzelfall durch eine Blutabnahme geklärt und evtl. behandelt werden. Umgekehrt bleibt eine geeignete Sonnencreme wichtig bei Reisen an Orte mit hoher Sonnenexposition, bei unvermeidlich zu langer Sonnenexposition (Geburtstagsfeier am Strand) oder sehr starker Lichtempfindlichkeit.
Hautkrebsvorbeugung ist wichtig. Das beinhaltet die Vermeidung von Sonnenbrand, und zwar am sinnvollsten durch entsprechende Kleidung, die die Haut bedeckt und dadurch schützt. Die Inhaltsstoffe der allermeisten Sonnencremes hingegen sind nicht unbedenklich, ihre Schutzwirkung gegenüber dem sog. »schwarzen Hautkrebs« (Melanom) ist überdies nicht erwiesen. Eine wohldosierte und überlegte Sonnenexposition, die nötig ist für eine ausreichende Vitamin-D-Versorgung, führt nicht zu einem erhöhten Hautkrebsrisiko. Heute wissen wir, dass bei maßvoller Sonnenexposition die schützende Funktion von Vitamin D in der Haut krebserregende Effekte des Sonnenlichts überwiegt.
Vitamin-D-Bestimmung, Normwerte und Tabletten
Angesichts der Bedeutung, die dem Vitamin D bei verschiedenen Gesundheitsproblemen zugeschrieben wird, wird bei vielen Menschen der Vitamin-D-Gehalt im Blut bestimmt und im Vergleich zu einem sogenannten Normwert beurteilt. Dieser Normwert ist leider unabhängig von der Jahreszeit, der Hautfarbe und dem Breitengrad festgelegt worden und bietet daher lediglich eine Orientierung. Die Mehrzahl der Menschen in Mitteleuropa weist z. B. am Ende des Winters niedrigere Werte auf. Das bedeutet nicht, dass jeder, der ansonsten gesund ist, aber leicht unter dem Normwert liegt, nun Vitamin-D-Tabletten einnehmen muss. Es kann jedoch eine Anregung sein, etwas mehr nach draußen in die Sonne zu gehen und den Lebensstil in diese Richtung zu verändern.
Liegt hingegen ein medizinischer Grund vor, kann eine Vitamin-D-Behandlung sehr hilfreich sein. Dies gilt beispielsweise für kranke Menschen und solche, deren Vorfahren aus südlicheren Ländern stammen und deren Haut das Sonnenlicht langsamer aufnimmt. Sie sind insbesondere in den Wintermonaten gefährdet, einen Vitamin-D-Mangel zu entwickeln. Frauen, die sich stark gegen Sonnenlicht abschirmen, sollten vor allem in der Schwangerschaft darauf achten, einen Vitamin-D-Mangel zu vermeiden. Die Einnahme von Vitamin D sollte in Absprache mit einem Arzt erfolgen.
Sonnenlicht ist die Quelle des Lebens auf der Erde. Das Verhältnis des Menschen zur Sonne ist für ihn von zentraler Bedeutung. Die aktuelle Debatte um Sonnencreme und Vitamin D ruft uns in Erinnerung, dass jeder Mensch aufgefordert ist, dieses Verhältnis aktiv und bewusst zu gestalten.
5. Auflage, Juli 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Schutzgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Dr. med. Lüder Jachens Dermatologe, Ogre (Lettland)
Dr. med. Bart Maris Frauenarzt, Krefeld
Georg Soldner Kinder- und Jugendarzt, München
Literaturangaben
1 Alfredsson L, Armstrong BK, Butterfield DA, et al. Insufficient sun exposure has become a real public health problem. Int J Environ Res Public Health 2020;17(14):5014. DOI: https:/doi.org/10.3390/ ijerph17145014.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
www.gaed.de | info@gaed.de
Masern
Masern sind eine hochfieberhafte und sehr ansteckende Kinderkrankheit. Sie kommt heute auch bei Jugendlichen und Erwachsenen vor. In diesem Alter kann die Krankheit besonders schwer verlaufen. Ebenso sind Säuglinge besonders gefährdet. Weltweit wird eine zweimalige Masernimpfung mit Beginn im frühen Kindesalter empfohlen. Ein ausreichender Masernschutz ist besonders wichtig für Jugendliche und Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden.
Das Krankheitsbild
Auslöser der Erkrankung ist das Masernvirus, das durch Tröpfcheninfektion übertragen wird. Etwa 10 Tage nach der Ansteckung kommt es erstmals zu Fieber, Schnupfen, Husten und Bindehautentzündung: Der Patient sieht zunächst typischerweise „verrotzt“, „verheult“ und „verschwollen“ aus. Teilweise finden sich in der Mundschleimhaut kleine, weiße Flecken. Nach etwa 2 Tagen – an denen das Fieber vorübergehend auch abfallen kann – bildet der Körper in der Auseinandersetzung mit dieser Virusinfektion hohes Fieber (bis ca. 40/41 °C) und es entwickelt sich ein kräftig roter, mittel- bis grobfleckiger, manchmal zusammenfließender Hautausschlag, der sich vom Hals nach unten bis zu den Gliedmaßen ausbreitet. Die Patienten wirken in dieser Zeit meist sehr krank, lichtempfindlich und weinerlich. Die Gesichtszüge erscheinen weicher, das ganze Gesicht wie „aufgequollen“. Der Ausschlag blasst nach 3 bis 5 Tagen ab, das Fieber sinkt. 4 Tage nach Ausbruch des Ausschlags ist der Patient nicht mehr ansteckend. Typisch für Masern ist der bellend und hart klingende, oft quälende und hartnäckige Husten. Es kann auch Durchfall auftreten. Während des Fiebers und nach seinem Abklingen benötigen die Patienten Ruhe und eine ausreichende Erholungszeit, die mehrere Wochen dauern kann. Masern hinterlassen eine lebenslange Immunität. Das Fieber sollte während der Masernerkrankung nur gelenkt, aber nicht unterdrückt werden, da es die Überwindung dieser Viruserkrankung fördert (1, 2). Der Verlauf der Masern kann durch erfahrungsbasierte ärztliche und pflegerische Maßnahmen positiv unterstützt werden (1), (3, S. 431–435).
Masernerkrankte und -inkubierte sind vom Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen (Schulen, Kindergärten) ausgeschlossen, bis von ihnen keine Gefahr einer Weiterverbreitung der Erkrankung mehr ausgeht. Dieses Verbot wird durch die Gesundheitsbehörden überwacht. Masern sind bereits 5 Tage vor Ausbruch des Ausschlags ansteckend. Seit 2001 ist die Erkrankung meldepflichtig.
Komplikationen
Ein schwerer Verlauf und Komplikationen sind eher zu erwarten bei intensiver Ansteckung (Geschwisterkinder, beengte Verhältnisse), Immunschwäche und atypischem Erkrankungsalter (Säuglinge, Jugendliche und Erwachsene).
Die häufigsten Komplikationen sind die Mittelohrentzündung, die sich durch Ohrenschmerzen bemerkbar macht, und die Lungenentzündung, jeweils in ca. 2 % aller Fälle. Die Lungenentzündung ist daran zu erkennen, dass das Kind Atemnot entwickelt, die Atmung „anstößt“ und dabei Husten auslöst und der Allgemeinzustand des Kindes sich verschlechtert. Bei Masernkomplikationen muss immer der Arzt gerufen werden.
Masern-Enzephalitis
Seltener, aber besonders ernst zu nehmen, ist eine Masern-Gehirnentzündung, die Masern-Enzephalitis. Sie kommt bei ca. 0,1 % der Fälle vor (vor allem bei Jugendlichen und Erwachsenen, seltener bei Kindern) und kann ab dem 3. Tag nach Beginn des Ausschlags, selten auch verzögert noch nach Wochen auftreten. Die Enzephalitis äußert sich durch Störungen des Bewusstseins, Wesensveränderungen, Kopfschmerzen, Krampfanfälle und Lähmungen. Bei Ableitung der Hirnstromkurven (EEG) findet der Arzt charakteristische Veränderungen. Bei einer schweren Masern-Enzephalitis heilt etwa die Hälfte der Fälle aus, ca. 15 % der Betroffenen sterben und 35 % erleiden anhaltende Schädigungen des Nervensystems. Insgesamt neigen Jugendliche und Erwachsene eher zu schweren Masernverläufen und Komplikationen.
Subakute sklerosierende Panenzephalitis (SSPE)
Bei Ansteckung im 1. und 2. Lebensjahr besteht die Gefahr einer Panenzephalitis (SSPE), die Jahre später nach Masern auftreten kann. Betroffen sind vor allem Säuglinge, die sich angesteckt haben, nachdem ihr Nestschutz aufgebraucht war und bevor sie selbst geimpft werden konnten (Risiko etwa 1:1.000 im ersten Lebensjahr, später seltener – es existieren keine genauen Daten (4, 5)). Es kommt zu einem fortschreitenden Abbauprozess des Gehirns mit entsprechenden Ausfällen vor dem unweigerlich und langsam eintretenden Tod.
Erwachsene sind stärker gefährdet
Der Krankheitsverlauf bei Masern ist ab der Pubertät und im Erwachsenenalter deutlich schwerer und bedrohlicher (6). Eine Immunität gegen Masern ist für Jugendliche und Erwachsene dringend wünschenswert und war früher natürlich gegeben. Heute hängt sie von der Masernimpfung ab. Bei unklarer Situation sollten Erwachsene, die nach 1970 geboren wurden, untersuchen lassen, ob sie gegen Masern geschützt sind.
Nachlassender Nestschutzes
Die Begegnung mit „Wildmasern“ verstärkte früher den Schutz der natürlich und der durch Impfung immunisierten Personen. Mütter, die Masern durchgemacht hatten, vermittelten einen erheblich stabileren Nestschutz als Mütter, die geimpft worden sind. Infolge der allgemeinen Masernimpfung ist der Masern-Nestschutz für Säuglinge immer unsicherer geworden (7). Säuglinge ohne Nestschutz können leichter an Masern erkranken und haben ein deutlich höheres Komplikationsrisiko. Familien mit mehreren Kindern, in denen die älteren Kinder noch nicht geimpft sind, müssen sich dieses Risikos bewusst sein und sich die Frage stellen, ob sie nicht zugunsten des Säuglings die älteren Kinder impfen lassen. Gleiches gilt innerhalb einer Kinderkrippe, in der Säuglinge betreut werden. Die beobachteten Fälle von SSPE sollten in jedem Fall Anlass sein, Säuglinge streng von Masernkranken fernzuhalten.
Insbesondere bei Jugendlichen und Erwachsenen ist heute in Deutschland die Masernimmunität nur lückenhaft vorhanden (8). Neben Ungeimpften kann sie auch bei einmalig Geimpften, in sehr seltenen Fällen selbst nach zweimaliger Impfung unzureichend sein, insbesondere dann, wenn die erste Impfung sehr früh, vor dem 1. Geburtstag, stattfand. Außerdem kann der Impfschutz im Verlauf des Lebens nachlassen, wenn z.B. durch fehlenden Kontakt mit Wildviren eine natürliche Auffrischung nicht mehr erfolgt (9). Daher kann es sinnvoll sein, zum Beispiel vor einer möglichen Schwangerschaft oder vor Reisen in Entwicklungsländer, die Immunität überprüfen zu lassen (siehe unten). Ist keine Immunität nachweisbar, sollte das weitere Vorgehen mit dem Arzt besprochen werden. Das gilt insbesondere für Frauen mit Kinderwunsch.
Der Schutz gegen Masern (die sog. „humorale Immunität“) kann vom Arzt durch den Nachweis von Antikörpern im Blut abgesichert werden. (Dies ist eine Privatleistung, die nicht von der gesetzlichen Krankenkasse getragen wird.) Ist der Antikörpernachweis positiv, kann er vom Arzt in den Impfpass eingetragen werden und wird so weltweit als Nachweis einer ausreichenden Masernimmunität akzeptiert.
Die Masernimpfung
Die Masernimpfung ist eine Lebendimpfung mit abgeschwächten Erregern. Sie wird in allen europäischen Ländern als zweimalige Masern-Mumps-Röteln-(Windpocken)-Kombinationsimpfung öffentlich empfohlen. Einzelimpfstoffe sind derzeit zwar nicht in Deutschland, jedoch über die Apotheke aus dem Ausland verfügbar. Die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) lautet: Eine Impfung zwischen dem 11. und vollendeten 14. Lebensmonat, für Kinder, die in Gemeinschaftseinrichtungen betreut werden, ab dem 9. Lebensmonat. Die zweite Masernimpfung soll laut STIKO bis zum Ende des zweiten Lebensjahres, Nachholimpfungen möglichst bis zum vollendeten 18. Lebensjahr erfolgen. Erwachsene, die nach 1970 geboren sind, keine Masern hatten und nicht oder nur einmal geimpft sind, sollten ihren Schutz prüfen lassen (siehe oben) und gegebenenfalls eine Impfung erhalten.
Die erste Impfung schützt in über 93 % der Fälle, mit der zweiten Impfung erreichen etwa 96 % der Geimpften einen Masernschutz. Allerdings sind die Ansprechrate und der langfristige Schutz deutlich geringer, wenn bereits im Alter unter einem Jahr erstmals geimpft wird (10, 11). Dies kann durch eine zweite Impfung nicht vollständig aufgehoben werden. Viele europäische Länder und auch das Bundesland Sachsen empfehlen die zweite Masernimpfung deutlich später als die STIKO (Sachsen: mit 4 Jahren), um den langfristigen Schutz zu verbessern (12). Es gibt jedoch immer einzelne Menschen, die durch den Impfstoff keine Immunität aufbauen (13).
Nebenwirkungen der Masernimpfung
Die derzeit umfangreichste wissenschaftliche Übersichtsarbeit (Cochrane Review) (14) kam 2012 zu der 2019 immer noch aktuellen Aussage, dass die vorhandenen Studien die Sicherheit der Masern-Mumps-Röteln-Impfung bisher nur unzureichend klären. Andererseits zeigen Studien aus den letzten Jahren, dass die Masernimpfung als sogenannte „Lebendimpfung“ auch positive Auswirkungen auf die Reifung des Immunsystems kleiner Kinder haben kann („unspezifische Effekte“) (15, 16).
Häufige Folgen der Masernimpfung als Lebendimpfung sind Fieber und Hautausschlag (sog. Impfmasern) bei 3 bis 5 % der Geimpften in der 2. Woche nach Impfung. Dies sind Zeichen einer gesunden Reaktion des Organismus auf die Lebendimpfung. Das Vermeiden außergewöhnlicher Belastungen in den ersten zwei Wochen nach der Impfung erscheint bei der Lebendimpfung sinnvoll, da die Geimpften mit dem Impfvirus „angesteckt“ wurden und diese Ansteckung aktiv überwinden müssen. Fieberkrämpfe treten bei 1 von 500 Geimpften auf. (4 % aller 0,5- bis 5-jährigen Kinder neigen generell zu Fieberkrämpfen.)
Masern und Globalisierung
Nach wie vor sind Masern ein gravierendes gesundheitliches Problem in wirtschaftlich schwachen Ländern: Weltweit starben 2017 etwa 110.000 Menschen an Masern, in der Mehrzahl Kinder. In Deutschland muss heute mit einer deutlich erhöhten Gesamtmasernsterblichkeit als früher gerechnet werden. Sie liegt einschl. SSPE in der Größenordnung von 1:1.000 Masern-Erkrankten (17). Dabei tragen Säuglinge, Erwachsene und Patienten mit Immundefekten ein höheres Risiko als andere. Der Schutz dieser Risikogruppen kann ein wesentliches Motiv sein, für die Impfung einzutreten.
Eine Ausrottung der Masern wie beim Pockenvirus ist vermutlich in absehbarer Zeit nicht möglich (18). In der von der WHO definierten Region Europa (EU und Nachbarländer wie Türkei, Georgien, Ukraine) erkranken jährlich mehr als zehntausend Menschen an Masern. Ob Europa das Ziel einer Masern-Elimination (dies entspräche weniger als einem Erkrankten auf 1 Mio. Einwohner) bis 2025 erreichen kann, ist derzeit fraglich. Darüber hinaus bestehen große und möglicherweise unüberwindbare Schwierigkeiten, Masern in sehr armen Ländern zu eliminieren, aus denen immer mehr Menschen zu uns kommen. Mittlerweile erkranken in Deutschland verstärkt Erwachsene – mit einem ungünstigeren Krankheitsverlauf als bei Kindern.
Vom Sinn fieberhafter Infekte bei Kindern
Die Frage nach dem möglichen Sinn einer Krankheit wird nur selten gestellt. Für die Reifung des kindlichen Immunsystems sind akut fieberhafte Erkrankungen im Kleinkindalter jedoch wichtig (19). Dies kann unterstützt werden durch den Verzicht auf fiebersenkende Medikamente und unnötige Antibiotika, eine kompetente Pflege, angepasste Ernährung und ärztliche Betreuung. Durch das Fieber überwindet das Kind nicht nur die Infektionskrankheit, sondern individualisiert dabei seinen Organismus. Die Regulation des Immunsystems, die jeder Mensch individuell erlernen und erwerben muss, kann dabei ausreifen (20). Es gibt inzwischen zahlreiche Hinweise darauf, dass sich hochfieberhafte Erkrankungen im frühen Kindesalter günstig auf die Reifung des Immunsystems auswirken. Dies trifft jedoch in gewissem Maß auch für Lebendimpfstoffe (z.B. den Masernimpfstoff) zu, wie aktuelle Studien zeigen (15, 16). Das Durchmachen einer Masernerkrankung kann vor diesem Hintergrund heute als zu riskant eingestuft werden.
Ebenso haben die Erziehung, die Ernährung, das Sonnenlicht und das Spiel im Freien etc. einen großen Einfluss auf die körperliche Entwicklung und Gesundheit. Eine gesunde Entwicklung des kindlichen Immunsystems ist auch ohne Masern möglich, wenn Kinder in diesem Sinne aufwachsen und bei Fieber eine entsprechende Pflege erfahren.
Die Verantwortung des Einzelnen
Heute sind in Deutschland bis zum Einschulungsalter bereits mehr als 95 % aller Kinder mindestens einmal gegen Masern geimpft. Eltern, die sich gegen eine Masernimpfung zum empfohlenen Zeitpunkt entscheiden, treffen diese Entscheidung nicht nur für ihr eigenes Kind: Sie tragen im Falle der Erkrankung auch eine Verantwortung dafür, dass ihr Kind unbeabsichtigt zur Infektionsquelle für ungeschützte Andere, insbesondere für Säuglinge werden kann. Im vollen Wartezimmer beim Arzt können Masern verbreitet werden, da diese am Beginn der Erkrankung bereits ansteckend sind, meist noch bevor man sie als solche erkennt. Auch die Situation der Geschwisterkinder (siehe oben) sollte gut bedacht sein.
Es sprechen heute viele Argumente für eine erste Masernimpfung im zweiten Lebensjahr, wobei für das Ansprechen und einen möglichst nachhaltigen Impfschutz ein etwas späterer Impfzeitpunkt zwischen 13 und 18 Monaten günstiger erscheint (10, 11). Bei der Empfehlung der 2. MMR-Impfung erst im Kindergarten- bzw. Einschulungsalter gehen wir konform mit der Sächsischen Impfkommission (12) und mit der Mehrzahl der EU-Staaten (Empfehlung überwiegend mit 4 bis 6 Jahren oder noch später). Die zweite Impfung dient vor allem dazu, diejenigen zu schützen, die auf die erste Impfung nicht angesprochen haben. Wie oben ausgeführt, kann bei Masern eine ausreichende Immunität auch durch eine Laboruntersuchung (Impftiterbestimmung) nachgewiesen und in den Impfpass eingetragen werden.
Grundlagen für eine Entscheidung
- Angesichts der Tatsache, dass es einen klaren gesellschaftlichen Konsens in Deutschland gibt, die Masern als Erkrankung konsequent zu verhindern, sollten alle Eltern bedenken, ob sie sich dem anschließen und ihr Kind im zweiten Lebensjahr erstmals gegen Masern impfen wollen.
- Falls ein Kind nicht bereits nach Empfehlung der STIKO im zweiten Lebensjahr gegen Masern geimpft wird, sollte spätestens bei der Einschulung die Impfung erwogen werden. Das entspricht dem Alter, in dem früher in der Regel die meisten Kinder natürlich gegen Masern immunisiert waren.
- Besonders wichtig ist die Masernimmunität im Jugend- und Erwachsenenalter. Frauen sollten nicht ohne Masernimmunität schwanger werden. In Zweifelsfällen kann die Immunität gegen Masern und Röteln in einer Laboruntersuchung geklärt werden.
- Die Lebendimpfung gegen Masern kann positive Wirkungen auf das Immunsystem haben, die über den bloßen Impfschutz hinausgehen.
7. Aufl., Mai 2019
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Dr. med. Markus Krüger, Kinder- und Jugendarzt, Aichtal
Prof. Dr. med. Alfred Längler, Kinder- und Jugendarzt, Herdecke
Dr. med. René Madeleyn, Kinder- und Jugendarzt, Filderstadt
Prof. Dr. med. David Martin, Kinder- und Jugendarzt, Herdecke
Dr. med. Christoph Meinecke, Kinder- und Jugendarzt, Berlin
Dr. med. Till Reckert, Kinder- und Jugendarzt, Reutlingen
Dr. med. Christine Saahs, Kinder- und Jugendärztin, Krems, Österreich
Dr. med. Tido von Schoen-Angerer, Kinder- und Jugendarzt, Genf, Schweiz
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Dr. med. Jan Vagedes, Kinder- und Jugendarzt, Filderstadt
Dr. med. Bernhard Wingeier, Kinder- und Jugendarzt, Arlesheim, Schweiz
Literatur mit Anmerkungen
- Martin D. Fever: Views in anthroposophic medicine and their scientific validity. Evidence-Based Complementary and Alternative Medicine 2016. Article ID: 3642659. DOI: https://doi.org/10.1155/2016/3642659. Der Artikel enthält eine ausführliche Literaturübersicht zum Thema.
- Witsenburg BC. Masern-Sterblichkeit und Therapie. Der Merkurstab 1992;45(3):177–180. DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-16102-DE.
- Soldner G, Stellmann HM. Individuelle Pädiatrie. 5. Aufl. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2018.
- Schönberger K, Ludwig MS, Wildner M, Weissbrich B. Epidemiology of subacute sclerosing panencephalitis (SSPE) in Germany from 2003 to 2009: a risk estimation. PLOS ONE 2013. DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0068909. Im Artikel wird ein SSPE-Risiko von 1:3.300 im Ansteckungsalter unter 5 Jahren angegeben.
- World Health Organization. Measles vaccines: WHO position paper – April 2017. The Weekly Epidemiological Record 2017;92(17):205–228. Der Beitrag ignoriert die Publikation (4), die umstritten ist, und nennt ein SSPE-Risiko von 1:1.000–1:10.000.
- Rabe S. Die Trumpisierung der Impfdiskussion – ein Faktencheck (Update 11.05.19). Verfügbar unter https://www.impf-info.de/die-impfentscheidung/die-diskussion-%C3%BCber-die-impfpflicht/272-die-trumpisierung-der-impfdiskussion.html (13.05.2019). Vgl. die Statistik aller Masern-/SSPE-Todesfälle in Deutschland seit 2001 in diesem Artikel. „Untersucht man diese 23 Todesfälle unter dem Altersaspekt, zeigt sich:
- Seit 2001 ist in D ein Säugling an Masern gestorben (2001).
- Seit 2001 sind in D (inklusive dieses Säuglings) 7 Kinder unter 15 Jahren an Masern gestorben.
- Seit 2001 sind in D (inklusive dieser 7 Kinder) 9 Menschen vor dem 30. Geburtstag an Masern gestorben – bei der angenommenen Zeit zwischen Maserninfektion und SSPE von maximal (!) 25 Jahren sind hiermit alle SSPE-Fälle aufgrund von Infektionen im ersten Lebensjahr (in dem die Kinder nicht selber sicher durch Impfung zu schützen sind) erfasst.
- Alle anderen (14) Maserntodesfälle traten nach dem 30. Lebensjahr auf und haben definitiv keinen möglichen Zusammenhang zu einer Maserninfektion vor dem ersten Geburtstag.“
- Leuridan E, Hens N, Hutse V, et al. Early waning of maternal measles antibodies in era of measles elimination: longitudinal study. The BMJ 2010;340:c1626. DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.c1626.
- Robert Koch Institut. Stellungnahme der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI. Fachliche Anwendungshinweise zur Masern-Postexpositionsprophylaxe bei Risikopersonen. Epidemiologisches Bulletin 2017;(2):17–25. Verfügbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2017/Ausgaben/02_17.pdf?__blob=publicationFile (13.05.2019). Einschätzung der Immunitätslage Jugendlicher und Erwachsener in Deutschland: „Meldedaten des RKI zeigen seit 2012, dass über die Hälfte der Masernfälle bei Jugendlichen über 15 Jahre und jungen Erwachsenen auftreten. Diese Fälle betreffen überwiegend bisher ungeimpfte Personen. Gründe dafür sind, dass empfohlene Impfungen versäumt wurden und eine Wildvirusinfektion aufgrund der rückläufigen Masern-Viruszirkulation in Deutschland nicht früher stattgefunden hat. Personen, die vor 1971 geboren wurden, haben mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wildviruserkrankung durchgemacht.“
- Bitzegeio J, Majowicz S, Matysiak-Klose D, et al. Estimating age-specific vaccine effectiveness using data from a large measles outbreak in Berlin, Germany, 2014/15: evidence for waning immunity. Eurosurveillance 2019;24(17):pii=1800529. DOI: https://doi.org/10.2807/1560-7917.ES.2019.24.17.1800529. Es gibt erste Hinweise auf eine langfristig nachlassende Immunität Geimpfter in der Berliner „Epidemie“ 2015, wie dieser Artikel zeigt.
- De Serres G, Boulianne N, Defay F, et al. Higher risk of measles when the first dose of a 2-dose schedule of measles vaccine is given at 12–14 months versus 15 months of age. Clinical Infectious Diseases 2012;55(3):394–402. DOI: https://doi.org/10.1093/cid/cis439.
- Poethko-Müller C, Mankertz A. Sero-epidemiology of measles-specific IgG antibodies and predictive factors for low or missing titres in a German population-based cross-sectional study in children and adolescents (KiGGS). Vaccine 2011;29(45):7949–7959. DOI: https://doi.org/10.1016/j.vaccine.2011.08.081. „Seronegativity was more likely in children who had received the first measles vaccination during their first year of life than in children who had received the first dose after the first year of life. The odds of being seronegative after early vaccination was 2.86 (95% CI 1.64-3.19) for a single dose and was 2.29 (95% CI 1.64-3.19) for two-dose vaccination. ... Our large, representative study showed inferior immune responses in children who were very young age at first vaccination (even if a second vaccination was given at older age). Children who received their first vaccination within the first 12 months of life exceeded the target of less than 5% seronegativity even if they had a second dose at older ages. ... These results indicate that mispriming of the immune system after early vaccination cannot be cured by a late second dose of MCV.“
- Beier D. SIKO aktualisiert Impfempfehlungen bei Masern-Mumps-Röteln, Influenza, Hepatitis B und HPV. KVS-Mitteilungen Heft 2/2017. Verfügbar unter https://www.kvs-sachsen.de/fileadmin/data/kvs/img/Mitglieder/KVS-Mitteilungen/2017-02/2017-02_schutzimpfungen.pdf (13.05.2019).
- Matysiak-Klose D. Aktuelle Epidemiologie der Masern in Deutschland. Epidemiologisches Bulletin 2018;(33):325–330. Verfügbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2018/Ausgaben/33_18 (13.05.2019). „Von 836 Masernfällen nach Referenzdefinition lagen Angaben zum Impfstatus vor. Von diesen waren 683 (82 %) ungeimpft, 153 (18 %) hatten bereits eine oder mehrere Impfungen gegen Masern bei Ausbruch der Masern erhalten. Von diesen lagen von 147 Masernfällen Angaben zur Anzahl der Impfungen vor; 103 von diesen Fällen (70 %) erhielten eine einmalige und 44 Fälle (30 %) zwei Impfungen oder mehr. Bei insgesamt 29 Fällen der zweifach Geimpften mit bekanntem Zeitpunkt der Impfung war die zweite Impfung länger als 21 Tage vor der Infektion mit den Masern durchgeführt worden. Bei diesen Erkrankten muss also von einer Durchbrucherkrankung ausgegangen werden. Der weitaus größte Anteil der übermittelten Masernfälle war in den letzten 15 Jahren ungeimpft (s. Abb. 2). Zwischen 10 % und 25 % der geimpften Masernfälle waren in den letzten 15 Jahren bei Ausbruch der Erkrankung zweifach geimpft.“
- Demicheli V, Rivetti A, Debalini MG, Di Pietrantonj C. Vaccines for measles, mumps and rubella in children. The Cochrane Database of Systematic Reviews 2012;(2):CD004407. DOI: https://doi.org/10.1002/14651858.CD004407.pub3. „The design and reporting of safety outcomes in MMR vaccine studies, both pre? and post?marketing, are largely inadequate.“
- Aaby P, Samb B, Simondon F, et al. Non-specific beneficial effect of measles immunisation: analysis of mortality studies from developing countries. The BMJ 1995;311(7003):481–485. DOI: https://doi.org/10.1136/bmj.311.7003.481.
- Welaga P, Nielsen J, Adjuik M, et al. Non-specific effects of diphtheria-tetanus-pertussis and measles vaccinations? An analysis of surveillance data from Navrongo, Ghana. Tropical Medicine & International Health 2012;17(12):1492–1505. DOI: https://doi.org/10.1111/j.1365-3156.2012.03093.x.
- Deutscher Bundestag. Wissenschaftliche Dienste. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Impfpflicht. 2016. WD 3 – 3000 – 019/16. Verfügbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/413560/40484c918e669002c4bb60410a317057/wd-3-019-16-pdf-data.pdf (13.05.2019).
„Im Angesicht einer Sterblichkeitsrate von 30 Prozent im Falle einer Pockeninfektion wurde beispielsweise die Impfpflicht gegen Pocken vom BVerwG im Jahr 1959 als verfassungsgema?ß eingestuft. … Im Falle einer Maserninfektion betra?gt die Sterblichkeit in Deutschland laut RKI dagegen nur [!] 0,1 Prozent.“ Der aktuelle RKI-Ratgeber formuliert: „Nach Angaben der WHO liegt in entwickelten Ländern die Letalität der Masern zwischen 0,05 % und 0,1 %.“ – siehe (5) oben. - Rabe S. Die Ausrottung von Krankheiten – das Beispiel Masern. 2018. Verfügbar unter https://www.impf-info.de/neben-wirkungen/wirkungen/219-die-ausrottung-von-krankheiten-das-beispiel-masern.html (13.05.2019).
- Kluger MJ, Kozak W, Conn CA, et al. Role of fever in disease. Annals of the New York Academy of Sciences 1998;856:224–233. „Perhaps the most convincing way to determine if fever is protective is to study its effects on morbidity and mortality. We believe that the evidence overwhelmingly points to the role of fever in enhancing specific and nonspecific immunity.“
- Bach JF. The effect of infections on susceptibility to autoimmune and allergic diseases. New England Journal of Medicine 2002;347(12):911–920. DOI: https://doi.org/10.1056/NEJMra020100. Siehe auch (1).
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Fieber im Kindes- und Jugendalter
Jedes gesunde Kind bekommt ab und an Fieber. Trotzdem fühlen sich viele Eltern mit einem fiebernden Kind verunsichert oder sind verängstigt. Was aber genau hat Fieber zu bedeuten? Was können Sie tun und was ist unbedingt zu bedenken? Mit diesem Merkblatt möchten wir der Verunsicherung bei Fieber entgegenwirken und Ihnen einige Hinweise zu Fieber und zum Umgang mit Ihrem fiebernden Kind geben.
Der Wärmeorganismus
Wir bilden Körperwärme in den Organen und der Muskulatur. Sie durchdringt uns und wird wohldosiert über die Körperoberfläche an die Umwelt abgegeben. Tiere unterscheiden sich hinsichtlich der Selbstständigkeit ihrer Wärmeregulation. Der Mensch hat kein Fell oder Federkleid mehr, sondern reguliert sein Wärmegleichgewicht aktiv: z. B. über Durchblutungsänderungen, Schweißbildung und über sein Verhalten (z. B. bei der Kleidungswahl). Aus diesem aktiv geregelten Wärmefließgleichgewicht resultiert eine »atmend« stabile Körpertemperatur: Schlafend »atmen« wir unsere Wärme etwas aus, Hände und Füße sind warm, die Körperkerntemperatur sinkt leicht. Sind wir wach und ganz bei uns, ist die Wärme eher zentriert, die Körpertemperatur steigt leicht. Bei akutem Stress werden Hände und Füße kalt und die zentrale Temperatur steigt weiter. Wenn wir uns stark bewegen, bilden wir mehr Wärme, die Körpertemperatur steigt deutlich (bis über 39 °C beim Sport), unsere Peripherie wird warm und wir schwitzen, um die Wärme schneller wieder abzugeben.
Wärme spüren wir am bewusstesten an der Körperoberfläche: Wir »frieren«, wenn unser Körper mehr Wärme braucht (z. B. beim Fieberanstieg), und fühlen uns warm und schwitzen, wenn viel Wärme abgegeben werden muss. Das Wahrnehmungszentrum für Körperwärme im Gehirn regelt die Wärmebildung und Wärmeabgabe nach den aktuellen Körperbedürfnissen. Es sorgt für warme
(gut durchblutete) oder kalte (wenig durchblutete) Hände und Füße, Körperschweiß oder Schüttelfrost, um eine adäquate Körpertemperatur zu erzielen.
Fieber und Wärmepflege
Fieber ist eine gesunde Reaktion des Körpers auf eine – meist virale – Infektion. Es ermöglicht dem Organismus, sich effektiv gegen die Erkrankung zu wehren und die Genesung zu fördern. Es ist bekannt, dass Kinder, die fieberhafte Krankheiten ohne medikamentöse Fiebersenkung oder Antibiose durchmachen, auch im späteren Leben ein gesünderes, besser trainiertes Immunsystem haben und
weniger chronische Krankheiten bekommen.1
Fieber wird vom Körper aktiv gebildet: In der Phase des Fieberanstiegs friert das Kind, bis hin zum Schüttelfrost. Nur der Kopf fühlt sich warm an, die Hände und Füße sind kalt. Gleichzeitig fühlt das fiebernde Kind sich oft krank und geschwächt, manchmal hat es Schmerzen oder ist unruhig oder ängstlich. Wenn die für die Krankheitssituation »richtige« Temperatur erreicht ist, werden Hände und Füße wieder warm, ein neues Wärmegleichgewicht auf höherem Niveau ist gefunden. Sobald das Fieber wieder sinkt, wird die Wärme wieder verteilt: Das Kind fängt am ganzen Körper an zu glühen und meistens auch zu schwitzen. In dieser Phase fühlt es sich entspannter und schläft dabei oft ein.
Begleiten Sie das Fieber so, wie Sie es instinktiv machen würden: Ein fieberndes Kind, das friert und kalte Hände und Füße hat, wird sich meistens in einem warmen Bett, ggf. mit warmem Kirschkernkissen oder Wärmflasche, besser fühlen (Achten Sie dabei darauf, keine Verbrennungen zu verursachen). Wärme kann die unangenehme Schüttelfrostphase verkürzen. Wenn Hände und Füße warm werden, ist das Fieber ungefähr auf dem Gipfel angekommen. Diesen Zustand möchte der Körper oft eine Weile halten. Bei Unwohlsein können körperwarme Wadenwickel oder Zitronenscheiben auf den Fußsohlen unter Socken helfen. Dies sollte so gemacht werden, dass es nicht zum Stress führt. Ein schlafendes Kind bitte nicht für Maßnahmen oder Fiebermessung wecken.
Worauf ist bei einem fiebernden Kind zu achten?
Bei Kindern ohne schwerwiegende Grunderkrankungen steigt Fieber nicht wesentlich höher als knapp über 41 °C und ist für das Kind normalerweise nicht gefährlich.
Gefährlich kann aber eventuell die verursachende Krankheit sein. Dies gilt es zu erkennen, und deshalb ist das Fieber als Symptom ernst zu nehmen. Es ist nicht so sehr die Fieberhöhe, die einen erkennen lässt, ob eine Erkrankung gefährlich ist, sondern es sind vor allem die begleitenden Symptome. Anders ist dies bei Säuglingen unter 3 Monaten. Bei ihnen korreliert die Höhe des Fiebers mit der Gefährlichkeit Säuglinge sollten deshalb gleich am ersten Fiebertag zur Ärztin/zum Arzt. Entscheidend ist, wie Sie die Situation Ihres Kindes beurteilen: Trinkt (und ggf. isst) Ihr Kind? Lässt es sich, wenn es schreit und weint, beruhigen? Reagiert es wie sonst auf Sie? Oder ist es Ihnen fremd, wirkt apathisch, unruhig oder gar schwer krank? In diesem Fall – oder wenn Sie sonst verunsichert sind –, insbesondere wenn es ein noch junger Säugling ist, stellen Sie Ihr Kind direkt einer Ärztin oder einem Arzt vor. Grundsätzlich empfehlen wir einen Arztbesuch, wenn das Kind nach 3 Tagen noch immer fiebert, auch wenn es ansonsten keinen so kranken Eindruck macht.
Was sind Fieberkrämpfe und wie geht man mit ihnen um?
Insgesamt 3–4 % der Kinder zwischen einem 1/2 und dem 5. Lebensjahr bekommen Fieberkrämpfe: Das Kind wird plötzlich bewusstlos, atmet verändert, läuft evtl. leicht blau an und hat eine schlappe, verkrampfte oder zuckende Muskulatur. Die allermeisten Fieberkrämpfe sind innerhalb von 1–5 Minuten wieder vorbei, ohne schädliche Folgen. Eltern sind oft furchtbar erschrocken und haben teilweise den Eindruck, dass das Kind stirbt. Dies kann jedoch nicht passieren. Fieberkrämpfe sind normalerweise ungefährlich. Wichtig ist es, Ruhe zu bewahren und das Kind einfach zu halten. Sollte Ihr Kind einen ersten Fieberkrampf bekommen, der nicht innerhalb der ersten Minuten wieder aufhört,
rufen Sie den Notarzt (Rufnummer 112 in Deutschland). Falls der Fieberkrampf rasch von selbst aufhört, reicht es, wenn Sie Ihren Kinderarzt um Rat fragen. Fieberkrämpfe lassen sich mit fiebersenkenden Medikamenten (Paracetamol, Ibuprofen) nicht verhindern. Deshalb muss man
auch nicht versuchen, das Fieber unbedingt zu senken.
Was braucht Ihr fieberndes Kind?
Vor allem Nähe und Ruhe: Es sollte im Haus bleiben und ausreichend zu trinken bekommen. Elektronische Medien braucht es nicht. Kranke Kinder sind besonders empfänglich für liebevolle Zuwendung.
Infektionskrankheiten verlaufen in der Regel nicht schneller, wenn das Fieber gesenkt wird (man merkt nur vorübergehend weniger). Im Gegenteil: Zahlreiche wissenschaftliche Studien zu diesem Thema zeigen, dass die Infektabwehr bei 39 bis 41 °C effektiver verläuft als bei 37 °C.1
Anthroposophische oder homöopathische Medikamente wie z. B. Belladonna, Aconitum oder Ferrum phosphoricum wirken nicht primär fiebersenkend, sondern sollen dazu beitragen, den Prozess zu unterstützen und das Allgemeinbefinden zu stabilisieren (siehe Literaturempfehlungen). Ein ca. 35 bis 37 °C warmer Einlauf mit einer Elektrolytlösung, wie sie in Apotheken für Kinder mit Durchfall angeboten wird (z. B. Oralpädon® 240 neutral; Säuglinge 50– 100 ml, Kleinkinder bis 200 ml; ein entsprechendes Gummiklistier ist in der Apotheke erhältlich) stabilisiert vor allem bei kleinen und trinkschwachen Kindern den Kreislauf, vermeidet Krankenhausaufnahmen wegen Flüssigkeitsmangels und lässt die Temperatur langsam und mild zurückgehen.
Konventionelle fiebersenkende Arzneimittel können (unabhängig von der Fieberhöhe) z. B. bei Schmerzen wirksam sein. Bei Kindern eignen sich dafür Ibuprofen und Paracetamol. Nach Gabe eines fiebersenkenden Mittels schwitzt das Kind vorübergehend, die Körpertemperatur kühlt ab, das Kind fühlt sich weniger krank als es ist. Nach ca. 6–8 Stunden fiebert es mit erneutem Frieren und verschlechtertem
Allgemeinbefinden, sofern die Fieberursache weiter besteht. Wenn Sie ein fiebersenkendes Arzneimittel geben, rechnen Sie mit diesem Verlauf und begleiten Sie Ihr Kind mit einer entsprechenden Wärmepflege (aufdecken, zudecken).
Zusammenfassung
Fieber erzeugt der Organismus Ihres Kindes selbst, um Erreger zu bekämpfen und Krankheiten zu kurieren. Im Einzelfall können ärztliche Unterstützungen notwendig werden. Häufiges Fiebermessen ist weniger wichtig als eine sorgfältige Wahrnehmung, wie sich der Gesamtzustand des Kindes entwickelt. In jedem Fall ist Ihr fieberndes Kind eine Herausforderung und Chance für Sie, mit Vertrauen, Umsicht
und Zuwendung für Ihr Kind da zu sein.
6. Aufl., Januar 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Schutzgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen. Download Bestellformular »
Autoren
Nicola Fels, Kinder- und Jugendärztin, Krefeld
Prof. Dr. med. Alfred Längler, Leitender Kinder- und Jugendarzt, Herdecke
Dr. med. René Madeleyn, Kinder- und Jugendarzt, Filderstadt
Prof. Dr. med. David Martin, Kinder- und Jugendarzt, Lehrstuhlinhaber, Witten-Herdecke
Dr. med. Till Reckert, Kinder- und Jugendarzt, Reutlingen
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Literaturangaben
1Martin DD. Fever: Views in anthroposophic medicine and their scientific validity. Evid Based Complement Alternat Med 2016:3642659. DOI: https://doi.org/10.1155/2016/3642659.
Literaturempfehlungen
- Glöckler M, Goebel W, Michael K. Kindersprechstunde. 21. Auflage. Stuttgart: Verlag Urachhaus; 2018.
- Vagedes J, Soldner G. Das Kinder-Gesundheitsbuch. Kinderkrankheiten ganzheitlich vorbeugen und heilen. 7. Aufl. München: Gräfe & Unzer; 2018.
- Soldner G, Stellmann M. Individuelle Pädiatrie. Leibliche, seelische und geistige Aspekte in Diagnostik und Beratung. 5. Aufl. Stuttgart: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2018.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Merkblatt Die Pille und andere Verhütungsmethoden
Empfängnisverhütung ist ein Bedürfnis vieler Menschen. Die »Pille« ist eine seit 1960 zugelassene, gut erprobte und zuverlässige Verhütungsmethode – und gerade bei jungen Frauen trotz nachlassender Akzeptanz beliebt: Circa 50 % der Jugendlichen verhüten mit der Pille, obwohl heute auch der Infektionsverhütung (Kondom) eine immer größere Bedeutung zukommt. Da die Pille nicht frei von Risiken und Nebenwirkungen ist, lohnt es sich, Vor- und Nachteile sorgfältig abzuwägen. Welche Auswirkungen hat die Pille auf den weiblichen Organismus, insbesondere auf den jugendlichen? Welche anderen Verhütungsmethoden gibt es? Diese Fragen, die viele junge Menschen und auch deren Eltern bewegen, möchte dieses Merkblatt beantworten, um so bei der Entscheidung für oder gegen diese Form der Verhütung behilflich zu sein.
Wie wirkt die Pille?
Die Pille enthält synthetische Hormone, die den Hormonen des Eierstocks entsprechen. Das gilt auch für den »Scheiden-Ring« und das »Verhütungspflaster«, die in ihren Substanzen (und ihren Risiken und Nebenwirkungen) mit der Pille identisch sind, sich nur dadurch von ihr unterscheiden, an welcher Stelle die Substanz in den Organismus aufgenommen wird. Durch die Einnahme der Pille wird die eigene Hormonbildung in den Eierstöcken unterdrückt. Auch die Bildung von Hormonen in der Hirnanhangsdrüse, die im Dialog mit den Eierstöcken steht, erlischt für die Zeit der Pilleneinnahme vorübergehend. Komplexe Wechselwirkungen, die dem weiblichen rhythmischen Zyklus zugrunde liegen und die mit vielen anderen körperlichen und seelischen Funktionen vernetzt sind, werden somit ausgeschaltet. Dabei
ist gerade dieses individuelle rhythmische Geschehen für den weiblichen Organismus charakteristisch. Die Schwingungsfähigkeit im weiblichen Zyklus gilt sowohl für körperliche als auch für seelische Funktionen. Unter Einnahme der Pille wird dieser bewegliche Rhythmus durch eine gleichförmige Steuerung in einem festen Takt ersetzt.
Wie wird die Pille eingenommen?
Beginnend mit dem ersten Tag der Regel wird die Pille 21 Tage lang eingenommen. In den daran anschließenden 7 Tagen Pause kommt es zur Blutung. Bei manchen Pillen-Präparaten geschieht die Einnahme auch 3 oder 6 Monate durchgehend. Erst dann folgt eine Woche Pause mit der typischen Blutung. Bei Erbrechen, Durchfall oder Antibiotika-Einnahme ist die Sicherheit der Pille nicht gewährleistet, ebenso wenig, wenn einzelne Pillen vergessen wurden. In solchen Fällen muss bis zum Beginn der neuen Packung (bei Antibiotika-Einnahme bis 14 Tage nach Ende der Therapie) zusätzlich mit Kondomen verhütet und die laufende Pilleneinnahme fortgesetzt werden. Die sog. Minipille
enthält nicht beide Geschlechtshormone, Östrogene und Gestagene, sondern nur letztere. Diese Gestagene werden kontinuierlich – ohne Pause – eingenommen.
Welche Nebenwirkungen hat die Pille?
Die Pille verhindert den Eisprung, indem sie den Zyklus unterdrückt. Sie blockiert die hormonelle Regulation und die Interaktion zwischen Gehirn (Hirnanhangsdrüse) und den Geschlechtsorganen. Unangenehme Nebenwirkungen der Pille können sein: Gewichtszunahme, Zwischenblutungen, Pickel, Spannen der Brust, Haarausfall, Übelkeit. Darüber hinaus begünstigt die Pille Abwehrschwäche und Infektionsanfälligkeit: Das heißt, Scheideninfektionen mit Pilzen (Candida) oder mit anderen Erregern treten deutlich häufiger auf oder verlaufen schwerer, wie z. B. die häufige HPV-Infektion, die zu Veränderungen am Gebärmutterhals führen kann. Studien zeigen, dass durch Einnahme der östrogenhaltigen Pille das Risiko für Thrombose, Embolie, Herzinfarkt und Schlaganfall um 10 % steigt, bei Frauen, die gleichzeitig rauchen, sogar um 30 %. Bei einer oft unerkannten, angeborenen Störung des Gerinnungssystems (z. B. Faktor-V-Leiden-Mutation) kann dieses Risiko um ein Vielfaches ansteigen. Beobachtet wird außerdem immer wieder, dass unter Einnahme der Pille sexuelle Lustlosigkeit, Antriebsschwäche, Konzentrationsstörungen und depressive Phasen vermehrt auftreten. Bei Langzeiteinnahme nimmt das Krebsrisiko für die Brust und den Muttermund zu. Das Risiko, an Eierstockkrebs zu erkranken, sinkt jedoch.
Aufgrund der möglichen Nebenwirkungen und der Beeinträchtigung des weiblichen Organismus sollte die Pille abgesetzt werden, wenn keine Verhütung nötig ist. Es ist nicht ratsam, die Pille nur zur Regulation des Zyklus oder zur Verbesserung des Hautbildes einzunehmen. Treten nach dem Absetzen Zyklus- und Rhythmusstörungen auf, können diese meist mit anthroposophischen, pflanzlichen oder homöopathischen
Arzneimitteln erfolgreich behandelt werden.
Wie sicher sind die Verhütungsmethoden?
Eine 100%ige sichere Verhütung gibt es nicht. Die Zuverlässigkeit einer Verhütungsmethode wird durch den sogenannten Pearl-Index angegeben. Ein Pearl-Index von 5 bedeutet beispielsweise, dass von 100 Frauen, die mit einer bestimmten Methode ein Jahr lang verhüten, 5 schwanger werden. Je niedriger der Pearl-Index, desto sicherer ist also die Verhütungsmethode. Der Pearl-Index für die Pille liegt zwischen 0,1 und 0,9. 1 D. h. auch unter der Pille kann es, wenn auch selten, zu einer Schwangerschaft kommen.
Kritisch angemerkt
Für sie: Die Pille ist ein stark wirksames empfängnisverhütendes Hormonpräparat, das die Funktion vieler Organe beeinflusst, also Auswirkungen auf den gesamten weiblichen Organismus hat. Außer zur Verhütung wird sie oft auch eingesetzt, um die unregelmäßige oder schmerzhafte Regelblutung zu korrigieren oder um Akne zu behandeln. Bei der Verhütung geht es darum, eine ungewollte Schwangerschaft
bzw. eine anschließende Abtreibung zu verhindern. Diesbezüglich ist die Pille ein sicheres Verhütungsmittel, sie bringt aber auch die genannten Risiken und Nebenwirkungen mit sich. Gerade junge Frauen, bei denen der Zyklus als lernendes rhythmisches System noch ausgebildet und individualisiert wird, sollten die Entscheidung für eine solche »Hormonbehandlung« sorgfältig abwägen.
Für ihn: Verhütung ist heute selbstverständlich nicht mehr allein Frauensache und die Verantwortung dafür sollte idealerweise gemeinsam getragen werden. Die Alternativen zur Pille sind zwar weniger bequem, dafür aber weniger belastend für die Frau. Hinzu kommt, dass die Pille keinen Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten gewährleistet. Überdies schwächt sie die Infektionsabwehr, sodass hier in doppelter Hinsicht ein Risiko besteht.
Für das Paar und die Eltern: Junge Menschen sind neugierig und haben Freude an Begegnungen, Beziehungen und Sexualität. Zum Erwachsenwerden gehört es auch zu lernen, selbst Verantwortung zu tragen. Dies gilt für die Sexualität wie für alle anderen Dinge des Lebens. Bezogen auf die Verhütung bedeutet dies: Bei Mädchen in der Pubertät entwickelt der junge weibliche Organismus erst langsam
eine regelmäßige Hormonproduktion – es dauert oft Jahre, bis die Frau ihren Zyklus individualisiert hat. Dieser Lernprozess des Organismus betrifft nicht nur den Körper, sondern ebenso das seelische Empfinden. Dabei treten die Mädchen aus der einheitlichen Stabilität des kindlichen Organismus heraus und müssen nun mit dem dauernden Wechsel zurechtkommen, um sich schließlich mit dem (immer
zuverlässiger werdenden) Rhythmus zu identifizieren. Dieser empfindliche Prozess der Individualisierung wird durch die Einnahme der Pille verändert. Für die Mädchen kann es dadurch viel schwieriger werden, sich in ihrer Weiblichkeit zu erfahren und ihre spezifisch weiblichen Potenziale anzunehmen.
Welche Verhütungsmethoden gibt es?
Kondome: Sie schützen vor Schwangerschaft, HPV, HIV, Chlamydien, Hepatitis B und C sowie vor vielen anderen Erregern. Für Kondome sprechen die unkomplizierte Anwendung und die leichte Verfügbarkeit. Wird ein Kondom jedoch ungeschickt oder unsachgemäß verwendet, kann es leicht zerreißen oder verrutschen, sodass die Frau gegebenenfalls zur »Pille danach« greifen muss. Der Pearl-Index beträgt 2–12 (in Abhängigkeit von der Handhabung).
Temperatur oder symptothermale Methode (Natürliche Familienplanung, NFP): Eine Frau ist nur an maximal 7 Tagen im Monat fruchtbar. Um diese Tage zu ermitteln, wird mit einem Fieberthermometer oder einem speziellen kleinen Computer die Morgentemperatur vor dem Aufstehen gemessen und in eine Übersichtstabelle eingetragen. Zusätzlich können anhand der Veränderung des Muttermundschleims der Zeitpunkt des Eisprungs und damit die fruchtbaren Tage abgeleitet werden. Die Sicherheit dieser Methode hängt von der Konsequenz der Anwendung ab und entspricht im Idealfall der Pille (Pearl-Index: 0,3). Die Zuverlässigkeit setzt jedoch einen rhythmischen Tagesablauf voraus (weitere Informationen siehe www.mynfp.de).
Temperaturmessung plus Kondome: Mit dieser Kombination ist eine sehr sichere Verhütung möglich. Allerdings müssen beide bzw. das Paar gut über den Zyklus informiert und bereit sein, in gemeinsamer Verantwortung für die Verhütung zu sorgen. Damit kann die Verhütung zu
einer partnerschaftlichen Aufgabe werden, die nicht allein in den Händen der Frau liegt.
Diaphragma (Scheidenpessar): Das Diaphragma ist eine weiche, schalenförmige Kappe aus Latex oder Silikon, die mit einer spermienhemmenden Creme (gibt es auch auf Milchsäurebasis) vor den Muttermund geschoben wird. Die Anwendung muss gut geübt werden, damit das Diaphragma an der richtigen Stelle liegt. Ein Diaphragma muss nach dem Verkehr noch 6 bis 8 Stunden in der Scheide
verbleiben und ist wasch- und wiederverwendbar. Die Größe muss heute nicht mehr unbedingt angepasst werden, da manche Diaphragmen eine gut passende Einheitsgröße haben (z. B. Caya®). Der Pearl-Index beträgt 1–20 (abhängig von der Handhabung).
Persona: Dies ist eine vergleichsweise teure Methode, die anhand von morgendlichen Hormonmessungen im Urin abklärt, ob die Frau fruchtbar ist. Die Sicherheit ist mit einem Pearl-Index von 6 geringer als bei der Temperaturmethode.
Spirale: Die Spirale ist ein kleines Stäbchen, das in die Gebärmutter eingelegt wird und hauptsächlich das Aufsteigen der Spermien hemmt. Die Kupferspirale kann 5 Jahre in der Gebärmutter bleiben. In seltenen Fällen wird damit die Blutung stärker, schmerzhafter oder länger. In der Regel verhindert die Spirale bereits die Befruchtung, manchmal aber auch erst die Einnistung des schon befruchteten Eies. Der Pearl-Index für eine Kupferspirale beträgt 0,3–0,8. Die sog. Kupferkette ist in Wirkung, Nebenwirkung und Sicherheit ähnlich wie die Kupferspirale, muss aber in die Gebärmutterwand eingehakt werden. Die Hormonspirale kann ebenfalls für 5 Jahre gelegt werden. Dabei gibt es eine geringere oder oft gar keine Regelblutung. Das Gelbkörperhormon dieser Spirale, das fortwährend abgegeben wird, gelangt in den Blutkreislauf und verursacht nicht selten Nebenwirkungen. Der Pearl-Index beträgt 0,2. Grundsätzlich sollte eine Spirale für Mädchen und Frauen, die noch keine Kinder geboren haben, gut überlegt werden, da in diesem Fall eine verstärkte oder schmerzhaftere Regelblutung häufiger auftreten kann. Auch das Risiko aufsteigender Infektionen ist in den ersten Wochen nach der Einlage gering erhöht.
»Stäbchen« und Dreimonatsspritze: Für diese Formen der hormonellen Verhütung gelten ähnliche Überlegungen wie für die Pille. Das »Stäbchen« (Implanon®) wird unter örtlicher Betäubung in den Oberarm eingesetzt und nach 3 Jahren wieder entfernt. Ähnlich wirkt die Dreimonatsspritze, bei der alle 12 Wochen ein Gelbkörperhormon gespritzt wird. Bei diesen Formen der Verhütung gibt es keine regelmäßige Regelblutung. Auch nach Absetzen dieser Mittel kann es länger dauern, bis wieder ein normaler Rhythmus einsetzt. Der Pearl-Index beträgt 0,1 (Stäbchen) bzw. 0,3–0,88 (Depotspritze).
»Pille danach«: Die »Pille danach« ist kein Verhütungsmittel, sondern ausschließlich für den Notfall gedacht. Früher handelte es sich dabei um eine hochdosierte Gelbkörperhormon- und Östrogengabe mit oft starken Nebenwirkungen (insbesondere Übelkeit). Heute wird mit der
gleichen Wirksamkeit ein niedriger dosiertes Gelbkörperhormonpräparat gegeben, das weniger Nebenwirkungen hat. Die Tablette muss innerhalb von 72 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden. Primär wird dadurch der Eisprung verhindert. Je eher sie eingenommen wird, desto sicherer ist die Wirkung. Pauschal gilt, dass bei 10 % der Frauen trotz »Pille danach« dennoch eine Schwangerschaft eintritt. Neuerdings wird auch ein Antigestagen (Ulipristal) als »Pille danach« eingesetzt. Dieses Präparat kann bis 5 Tage nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden und hat eine etwas höhere Wirksamkeit. Da es jedoch noch nicht lange zugelassen ist, gibt es noch keine zuverlässigen Aussagen über langfristige Risiken und Nebenwirkungen.
Plädoyer für eine selbstbewusste Entscheidung
Einerseits ist die Pille ein sicheres Verhütungsmittel. Gerade junge Frauen fühlen sich mit der Pille am sichersten – und deshalb sollten sich alle auch in jedem Fall mit dieser Form der hormonellen Empfängnisverhütung auseinandersetzen. Das bedeutet andererseits aber auch, Risiken und Nebenwirkungen genau abzuwägen. In diesem Merkblatt haben wir versucht, die wichtigsten Aspekte zur Pille, zu ihrer Wirkung
und ihren Nebenwirkungen zusammenzutragen sowie mögliche Alternativen vorzustellen. Dazu gehört auch, kritisch zu hinterfragen, wie sich eine hormonelle Verhütung auf Körper, Seele und auf die Partnerschaft auswirken kann.
Besonders jungen Frauen möchten wir mit diesem Merkblatt zeigen, dass es neben der Pille noch andere Möglichkeiten der Verhütung gibt, die durchaus einfach, unproblematisch und weniger belastend sind und als ebenso zuverlässig gelten können. Viele junge Paare können in den unterschiedlichen Lebenssituationen auch ohne Pille Freude an Sexualität und Erfüllung in ihrer Partnerschaft finden, ohne auf eine sichere Verhütung verzichten zu müssen.
5. Aufl., Dezember 2021
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Dr. med. Miriam Bräuer, Frauenärztin, Herdecke
Angelika Maaser, Frauenärztin, Berlin
Dr. med. Bart Maris, Frauenarzt, Krefeld
Dr. med. Frank Meyer, Allgemeinarzt, Nürnberg
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Dr. med. Gabriela Stammer, Frauenärztin, Wennigsen
Literaturangaben
Alle hier erwähnten Angaben zum Pearl-Index können eingesehen werden unter: www.profamilia.de.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Mikrobiom, B-Streptokokken und Antibiotika in der Schwangerschaft und Stillzeit
In den letzten Jahren erleben wir einen grundsätzlichen Wandel im Verständnis unseres Zusammenlebens mit Mikroorganismen aller Art. Die veraltete Vorstellung einer Abgrenzung unseres »keimfreien« Körpers vor den Keimen der Umgebung wurde zu einem grundlegenden Verständnis des komplexen Zusammenwirkens zwischen Körper und Mikroorganismen weiterentwickelt.
Therapien mit Antibiotika vermögen – solange sich keine Resistenz gegen sie entwickelt hat – Keime von außen abzutöten. Zugleich können sie jedoch die innere Keimwelt, unser Mikrobiom, ungünstig beeinflussen. Dies sollte vor allem bei vorbeugenden Behandlungen berücksichtigt werden.
Ein großes Umdenken findet auch im Fachgebiet der Geburtshilfe statt: Bisher galt das Kind im Mutterleib als absolut keimfrei. Man glaubte, es würde steril in eine Welt der Mikroorganismen hineingeboren und sein Körper müsse sofort erkennen, welche Keime gefährlich und welche harmlos sind. Heute wissen wir, dass genau dieser Lernprozess bereits während der Schwangerschaft einsetzt und innerhalb der ersten Lebenswochen und -monate ausreift. In dieser Phase sind das werdende Mikrobiom und das lernende Immunsystem besonders abhängig von ihrer Umgebung. Die (vaginale) Geburt und das Stillen tragen wesentlich zur Entwicklung eines gesunden Mikrobioms des Kindes bei.
Mit diesem neuen Wissen müssen verbreitete Routinen in der Geburtshilfe, insbesondere die der Antibiotika-Behandlung bei einem positiven B-Streptokokkentest, neu überdacht und gewichtet werden. Das vorliegende Merkblatt soll Ihnen eine Orientierung zum aktuellen Forschungsstand geben und Ihnen Ihre Entscheidungen bei der Geburtsplanung erleichtern. Bitte sprechen Sie mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt und Ihrer Hebamme darüber oder nehmen Sie bei Fragen Kontakt mit uns auf.
Was ist das Mikrobiom?
Das Mikrobiom ist die Gesamtheit aller Mikroorganismen, die den menschlichen Körper besiedeln, sowohl außen auf der Haut als auch in Körperräumen wie Mund, Nase, Darm, Anus und Vagina – und nach neuen Erkenntnissen auch an den inneren Körpergeweben und Organen, d. h. auch in der Plazenta und der Muttermilch. Im Vergleich zur Anzahl der Körperzellen eines erwachsenen Menschen umfasst das Mikrobiom zehnmal so viele Mikroorganismen. Die Zusammensetzung des Mikrobioms ist dabei für jedes Individuum spezifisch. Der menschliche Organismus geht mit diesen Mikroorganismen eine komplexe Symbiose im Sinne einer hoch effektiven Arbeitsteilung ein, durch die er sich an die Umweltbedingungen besser anpassen kann.
Wir wissen heute, dass die Zusammensetzung und Vielfalt der mikrobiellen Flora in einem engen Zusammenhang steht mit der Erhaltung von Gesundheit bzw., bei deren Beeinträchtigung, mit der Entstehung von Krankheiten.
Eine gesunde mikrobielle Besiedlung ist wichtig für die Reifung des kindlichen Immunsystems. Mithilfe der Mikroorganismen lernen die Immunzellen zu unterscheiden, welche Nahrungsbestandteile und Mikroben gut für den Körper sind und gegen welche sie den Körper schützen müssen. In einem Wechselspiel zwischen dem Immunsystem und dem Mikrobiom wird ein Gleichgewicht zwischen Toleranz und Abwehr, zwischen antientzündlichen und entzündlichen Prozessen geschaffen.
Eine gestörte mikrobielle Besiedlung (Dysbiose) und eine abweichende Reifung des Immunsystems können zum einen eine erhöhte Bereitschaft für autoimmune Entzündungen und Allergien fördern, zum anderen in eine geschwächte Abwehr- und Schutzfunktion führen. Insbesondere die Störung der Aufbauphase des Mikrobioms in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr geht mit einer Häufung immunvermittelter Erkrankungen einher.
Mikrobiom und Schwangerschaft
Die Entwicklung des Mikrobioms eines Menschen nimmt ihren Anfang bereits im Mutterleib, um dem Kind optimale Voraussetzungen für den Umgang mit seiner künftigen Keimumgebung zu ermöglichen. Das bedeutet, dass die Mutter ihr Kind in drei Stufen mit den relevanten Keimen seiner künftigen Umgebung »beimpft«:
● Während der Schwangerschaft: Weiße Blutkörperchen der Mutter nehmen Bakterien des Darms und der Mundhöhle auf und transportieren diese zur Plazenta, über die sie zum Kind übertreten.
● Beim Geburtsvorgang: Die Passage des Kindes durch das vaginale Mikrobiom der Mutter im Geburtskanal prägt die mikrobielle Besiedlung nach der Geburt und scheint von großer Bedeutung für die Entwicklung des kindlichen Immunsystems zu sein. Ein Kaiserschnitt verhindert diese mikrobielle Prägung wesentlich und die häufig eingesetzte vorbeugende Antibiotikagabe vor der Operation schränkt sie zusätzlich ein.
● Beim Stillen: Die mütterliche Brust wird im Schwangerschaftsverlauf und während der Geburt mit Bakterien angereichert, die über die Muttermilch zum Kind gelangen. Auch dieser Prozess sowie der intensive Haut-zu-Haut-Kontakt beim Stillen scheinen für den Aufbau eines gesunden Mikrobioms und die Stärkung der kindlichen Immunabwehr bedeutsam zu sein.
Jede dieser drei »Beimpfungsphasen« hat einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung des kindlichen Immunsystems. Eine Störung der Keimbesiedelung – z. B. bei Umgehung des vaginalen Geburtsweges durch einen Kaiserschnitt oder durch Schädigung des vaginalen Mikrobioms durch Antibiotika – scheint sich deutlich auf die Stabilität des kindlichen (und auch des späteren erwachsenen) Immunsystems auszuwirken und die Entwicklung von allergischen und Autoimmunkrankheiten wie Asthma oder Diabetes zu begünstigen.
Das Problem der B-Streptokokken
In diesem Zusammenhang lohnt sich ein genauerer Blick auf das Vorgehen und die Folgen des Screenings auf B-Streptokokken und deren Behandlung: Eine sehr seltene, wegen ihres oft schwer beherrschbaren Verlaufs jedoch gefürchtete Komplikation der ersten Stunden nach der Geburt ist eine lebensbedrohliche kindliche Infektionskrankheit: die frühe Form der Neugeborenensepsis. Seit Langem ist bekannt, dass diese Erkrankung vor allem bei Kindern auftritt, deren Mütter in Darm oder Scheide mit einem relativ häufig auftretenden Bakterium besiedelt sind, den sogenannten B-Streptokokken. Lange Zeit glaubte man, das Kind würde sich während der vaginalen Geburt mit diesen Bakterien »infizieren«. Um dies zu verhindern, empfiehlt man heute, sämtliche schwangere Frauen durch einen Abstrich von Scheide und Darm bereits in der Spätschwangerschaft zu identifizieren. Bei einem positiven Ergebnis bekommt die Gebärende im Geburtsverlauf mehrfach eine intravenöse Antibiotikagabe, um das Risiko des Keimübertritts auf das Neugeborene zu reduzieren. Mit diesem Antibiotikum werden jedoch auch viele »gute« vaginale Bakterien beseitigt, die dem Kind sonst sinnvollerweise mitgegeben würden. Die Probleme bei diesem Vorgehen sind folgende: Ca. 25– 30 % der gesunden Schwangeren haben, ohne Beschwerden und ohne es zu wissen, B-Streptokokken in ihrer Scheide und/oder ihrem Darm. Nur ein kleiner Bruchteil der Kinder erkrankt jedoch tatsächlich an einer B-Streptokokkensepsis. Existenziell gefährlich kann die Infektion vor allem für zu früh geborene Kinder werden. Auch ist die Gefahr einer Sepsis abhängig von der Dauer der Geburt bzw. dem Zeitraum zwischen Blasensprung und Geburt. Ist dieser kurz, ist das Risiko nicht erhöht.
Eine Antibiotikabehandlung unter der Geburt fördert Resistenzbildungen und führt nachweislich zu einer Dysbiose, also zu einem Keimungleichgewicht beim Neugeborenen. Auch die potenziellen Langzeitauswirkungen auf die Keimbesiedlung des Kindes und damit auf die Entwicklung der Darmfunktion und des Immunsystems sollten mitbedacht werden. Möglicherweise können durch den Einsatz von Antibiotika unter der Geburt in dieser sehr sensiblen Phase der bakteriellen Erstbesiedlung Störungen und spätere Erkrankungen verursacht werden.
Dies alles ist ernsthaft abzuwägen, bevor eine solche Routinemaßnahme vorgenommen wird. Nach dem heutigen Kenntnisstand zum Mikrobiom und seiner Bedeutung für die kindliche und spätere erwachsene Gesundheit sollte eine vorsorgliche Antibiotikagabe unter der Geburt sorgfältig geprüft und nur bei entsprechender Aufklärung und Einwilligung der Mutter vorgenommen werden.
Wie können Sie selbst zur Entwicklung eines gesunden Mikrobioms Ihres Kindes beitragen?
Schon lange im Vorfeld einer möglichen Befruchtung sollten Sie Ihr eigenes Mikrobiom, das heißt, das bakterielle Milieu auf Ihrer Haut, in Ihrer Mundhöhle, in Darm und Scheide, so gesund wie möglich erhalten.
Das bedeutet für die Ernährung: Nehmen Sie Ihre Mahlzeiten regelmäßig ein und achten Sie möglichst auf vollwertige biologische Lebensmittel. Essen Sie abwechslungsreich: Gemüse, Getreide, Obst, Rohkost, Sauermilchprodukte, wenig und qualitativ hochwertiges Fleisch (ohne Antibiotika im Tierfutter) oder Fisch. Reduzieren Sie so weit wie möglich den Verzehr von Zucker, Süßigkeiten, süßen Getränken und Kuchen. Vermeiden Sie Weißmehl- und greifen Sie stattdessen lieber zu Vollkornprodukten. Wenn Verdauungsstörungen vorliegen oder wenn Sie in den letzten Monaten vor der Schwangerschaft ein Antibiotikum genommen haben, ist es ratsam, die Darmflora extra mit Naturjoghurt, Sauerkraut, Kanne Brottrunk (täglich ein Glas über 4–6 Wochen) oder Probiotika zu unterstützen. Probiotika sind Zubereitungen, die Mikroorganismen enthalten (wie zum Beispiel Milchsäurebakterien) und bewirken sollen, dass das Mikrobiom nach einer Antibiotikaeinnahme wieder ins Gleichgewicht gelangt. Es sind viele solcher Produkte auf dem Markt, wenn auch ihre positive Wirkung unterschiedlich beurteilt wird.
Da in der Regel auch der Vater in engem Kontakt mit dem Neugeborenen sein wird, gelten diese Empfehlungen natürlich auch für ihn.
Aus dem gleichen Grund raten ganzheitlich bzw. systemisch arbeitende Zahnärzte dazu, dass die werdenden Eltern schon möglichst vor Beginn der Schwangerschaft zum Zahnarzt gehen, um eventuell vorhandene Entzündungen oder Karies behandeln und eine professionelle Zahnreinigung durchführen zu lassen. Es ist sinnvoll, eine solche Zahnreinigung auch während der Schwangerschaft im 3./4. und 7./8. Monat zu wiederholen. Auch dies gilt für beide Eltern. Selbstverständlich gehört eine sorgfältige Zahnpflege (mit fluoridfreier Zahnpasta und Zahnseide, siehe auch das GAÄD-Merkblatt zu Fluorid) dazu.
Wenn unüblicher vaginaler Fluor oder andere Hinweise auf einen Scheideninfekt vorliegen, sollte dies gynäkologisch abgeklärt und, wenn möglich, ohne Antibiotika behandelt werden. Während der Schwangerschaft ist es rat - sam, ein- bis zweimal die Scheidenflora untersuchen und ggf. behandeln zu lassen.
Treten während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit Infekte wie zum Beispiel eine Blasenentzündung, Bronchitis oder Halsentzündung auf, ist es im Hinblick auf die oben beschriebenen Folgen einer antibiotischen Therapie für das Mikrobiom (von Mutter, Vater und Kind) anzustreben, diese Infekte ohne Antibiose zu behandeln. Dies ist in weit über 80 % der Fälle bedenkenlos möglich, wenn Sie entsprechend medizinisch begleitet werden
4. Auflage, Juli 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Schutzgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autor:innen
Dr. med. Miriam Bräuer Frauenärztin, Herdecke
Angelika Maaser Frauenärztin, Berlin
Dr. med. Bart Maris Frauenarzt, Krefeld
Georg Soldner Kinder- und Jugendarzt, München
Dr. med. Gabriela Stammer Frauenärztin, Wennigsen
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
www.gaed.de | info@gaed.de
Merkblatt Vorgeburtliche Diagnostik
Liebe werdende Eltern, wir freuen uns, dass sich bei Ihnen ein Kind angekündigt hat! Mit diesem Merkblatt möchten wir Ihnen einige Gesichtspunkte zum Thema vorgeburtliche Diagnostik vorstellen, damit Sie auf wesentliche und mitunter folgenreiche Entscheidungen, die Sie in der Schwangerschaft treffen müssen, gut vorbereitet sind.
Einige Fehlbildungen und Erkrankungen des werdenden Kindes lassen sich schon während der Schwangerschaft feststellen. Medizin und Gesellschaft vermitteln hier oft den Eindruck, eine verantwortungsvolle Schwangere müsse möglichst alle Angebote der vorgeburtlichen Diagnostik in Anspruch nehmen. Dabei ist das häufigste Motiv für viele dieser Untersuchungen Angst: einerseits die Angst der Eltern vor dem Leben mit einem behinderten Kind, welches den Traum eines glücklichen Lebens zerplatzen lässt, andererseits die Angst der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, etwas übersehen zu haben. Ein unauffälliges Ergebnis der vorgeburtlichen Diagnostik bietet jedoch keine Sicherheit, ein gesundes Kind zu bekommen. Umgekehrt lässt sich die Entwicklung eines Kindes, auch mit deutlichen körperlichen Besonderheiten und Einschränkungen, auch heute noch nicht vorhersagen.
Als werdende Eltern haben Sie neben der Möglichkeit des Wissens auch das Recht auf Nichtwissen. Damit Sie sich bewusst entscheiden können, stellen wir Ihnen im Folgenden die häufigsten vorgeburtlichen Untersuchungen in ihren wesentlichen Aspekten und mit ihren Konsequenzen vor, in der Reihenfolge, wie sie im Verlauf der Schwangerschaft angeboten werden.
Warum vorgeburtliche Diagnostik?
Einige der Untersuchungen gehören zur Routinediagnostik, die in den Mutterschaftsrichtlinien vorgesehen sind. Die Ergebnisse werden im Mutterpass festgehalten und dienen der Erkennung von Komplikationen der Schwangerschaft, die ggf. behandelt werden können.
Darüber hinaus gibt es Untersuchungen, die Störungen des Erbgutes oder Organfehlbildungen identifizieren. Bei einem auffälligen Befund gibt es in Ausnahmefällen die Möglichkeit, therapeutisch einzugreifen. Manchmal ist ein solcher Befund auch hilfreich für die Wahl des Geburtsortes. Meistens aber führt er zu der Frage, ob ein Schwangerschaftsabbruch erfolgen soll. Die diagnostischen Möglichkeiten stellen uns dabei vor ernste Fragen: Wie unbefangen können oder wollen wir ein ungeborenes Kind empfangen? Wer ist und was will dieses Kind? Haben wir das Recht, aufgrund eines diagnostischen Ergebnisses über Leben und Tod des ungeborenen Kindes zu entscheiden? Was bedeutet eine solch schwere Entscheidung für die werdende Mutter und für die ganze Familie?
Die häufigste Auffälligkeit des Erbguts, die vorgeburtlich festgestellt werden kann, ist die sog. Trisomie 21. Hier ist das 21. Chromosom nicht – wie sonst – zwei-, sondern dreimal vorhanden. Menschen mit einer Trisomie 21 entwickeln ein Down-Syndrom. Dies kann zu einer Reihe typischer körperlicher Merkmale führen, die im individuellen Fall nicht alle und nicht in vollem Umfang ausgeprägt sein müssen. Menschen mit Down-Syndrom sind genauso unterschiedlich wie andere Menschen. Häufig haben sie ein sonniges Gemüt und ausgeprägte empathische Fähigkeiten. Die körperlichen und seelischen Entwicklungsverzögerungen sind pädagogisch/therapeutisch oft gut zu begleiten. Ca. 50 % der Kinder mit Down-Syndrom können durch organische Fehlbildungen (insbesondere am Herzen) gesundheitlich beeinträchtigt werden. Für viele Betroffene ist heute dank der medizinischen Möglichkeiten (insbesondere in der Herzchirurgie) und bei entsprechender Unterstützung ein erfülltes Leben möglich.
Nichtinvasiver Pränataltest (NIPT)
Mit dem nichtinvasiven molekulargenetischen Bluttest können ab der 10. Schwangerschaftswoche Bruchstücke von Kernsubstanz der Plazenta im mütterlichen Blut nachgewiesen und bestimmte Chromosomenstörungen, wie Trisomie 21, 18 und 13 erkannt werden. Die Kosten des Tests werden von der Krankenkasse übernommen. Die Testaussage gilt als eingeschränkt sicher. Falsch positive Ergebnisse sind umso häufiger, je jünger eine Frau ist. Wird bei einem auffälligen Testergebnis ein Schwangerschaftsabbruch erwogen, wird vorher jedoch zur Absicherung der Diagnose eine Fruchtwasserpunktion empfohlen. Mit dem sog. Rhesus-NIPT (Kassenleistung) wird bei Rhesus-negativen Schwangeren der Rhesusfaktor des Ungeborenen bestimmt, sodass, wenn das Ungeborene auch Rh-negativ ist, eine Anti-D-Prophylaxe vermieden werden kann.
Ersttrimesterscreening (ETS)
Das Ersttrimesterscreening ist eine nichtinvasive Methode, die primär zur frühen Trisomie-Diagnostik vorgesehen ist und zwischen der 12. und 14. Schwangerschaftswoche als Selbstzahlerleistung durchgeführt werden kann. Neben zwei Laborwerten aus dem mütterlichen Blut werden das Alter der Mutter, die Schwangerschaftswoche und die per Ultraschall gemessene Nackentransparenz des Kindes für die Berechnung der Wahrscheinlichkeit auf das Vorliegen der drei häufigsten Chromosomenzahlabweichungen (Trisomie 21, 18 und 13) herangezogen. Das Ergebnis wird in einer Verhältniszahl angegeben, z. B. 1:67. Dies bedeutet, dass statistisch gesehen 66 von 67 Kindern unter den vorliegenden Bedingungen eine normale Chromosomenzahl aufweisen und bei einem Kind eine Trisomie erwartet wird. Die Sicherheit der durch das ETS ermittelten Voraussage liegt bei ca. 90 %.
Ergänzend zum ETS können mit hochauflösendem (Doppler-) Ultraschall der Blutfluss durch eine Herzklappe und eine Vene im Bauch des Kindes überprüft sowie das Nasenbein des Kindes ausgemessen werden. Auffälligkeiten bei diesen Messungen können auf Organ- und Chromosomenfehlbildungen hinweisen und weitere Diagnostik nach sich ziehen.
Bei den Ergebnissen handelt es sich nicht um eine Diagnose, sondern nur um Wahrscheinlichkeitsangaben. Wenn das durch das ETS berechnete Risiko für eine Trisomie höher ist als das altersabhängige Risiko, wird in der Regel dazu geraten, eine Fruchtwasserpunktion durchführen zu lassen.
Chorionzottenbiopsie und Fruchtwasserpunktion
Bei diesen beiden Untersuchungen handelt es sich um sog. invasive Untersuchungsmethoden. Unter Ultraschallsicht wird mithilfe einer Kanüle eine Probe des Plazentagewebes (Chorionzottenbiopsie) bzw. des Fruchtwassers entnommen. Meist erfolgen diese Eingriffe nach der 10. bzw. 16. Schwangerschaftswoche. Die Proben werden anschließend genetisch untersucht, sodass sich insbesondere ungewöhnliche Chromosomenzahlen (wie Trisomien) feststellen lassen.
Diese Untersuchungen werden, wenn sie medizinisch indiziert sind, von der Krankenkasse bezahlt. Häufig dienen sie der Abklärung auffälliger Vorbefunde im Rahmen von Ultraschalluntersuchung, Ersttrimesterscreening oder nicht-invasivem Pränataltest. In den meisten Fällen kann nur mit einer solchen Punktion Gewissheit über den Verdacht einer abweichenden Chromosomenzahl erlangt werden. Gelegentlich werden zusätzliche spezielle Genuntersuchungen durchgeführt, wenn in der Familie eine vererbbare Erkrankung vorliegt.
Das Risiko einer durch eine Fruchtwasserpunktion ausgelösten Fehlgeburt liegt bei ca. 1:1000 bis 1:500.
Nur 8 % der Fehlbildungen und kognitiven Entwicklungsstörungen haben wiederum eine chromosomale Ursache.
Chromosomen- und Gendiagnostik in der frühen Schwangerschaft eröffnen überdies keine Therapieoptionen.
Im Ergebnis stellen sie werdende Eltern letztlich vor die Entscheidung für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch.
Organultraschall
Diese nichtinvasive Diagnostik besteht in einer detaillierten Ultraschalluntersuchung, bei der die wichtigsten Organe des Ungeborenen sorgfältig beurteilt werden. Die Untersuchung wird zwischen der 20. und 24. Schwangerschaftswoche durchgeführt.
Beim Organultraschall geht es nicht nur um die Suche nach Fehlbildungen, die eventuell zu einem Schwangerschaftsabbruch führen können. Vielmehr geht es darum, behandlungsbedürftige organische Probleme oder Fehlbildungen zu erkennen. Zwar lassen sich nur wenige davon vor der Geburt behandeln. Die Kinder können jedoch in Kliniken mit spezialisierter Kinderabteilung zur Welt gebracht werden, damit sie nach der Geburt schnell und gut versorgt werden können.
Folgen und Konsequenzen der vorgeburtlichen Diagnostik
Bei jeder Ultraschalluntersuchung entstehen technisch generierte Bilder, manchmal auch sog. 3D- und 4D-Bilder, die Aspekte vom ungeborenen und damit noch verborgenen Kind sichtbar und messbar machen sollen. Es werden Informationen über das Wachstum, die Lage (auch der Plazenta) sowie die Organstruktur gewonnen. Die Ultraschallbilder beeinflussen aber auch die »inneren Bilder« der werdenden Eltern (und ggf. auch der Geschwister) und können auf diese Weise die Gefühle, die in der Verbundenheit mit dem Kind leben, empfindlich stören.
Vor allem im Zusammenhang mit befürchteten Trisomien (insbesondere bei Verdacht auf Down-Syndrom) geht es um die Frage eines Schwangerschaftsabbruchs. Entscheidungen über Schwangerschaftsabbrüche nach pränataler Diagnostik berühren die ethische Frage, welches Menschenleben lebenswert ist. Ist es die Fürsorge für den betroffenen, noch ungeborenen Menschen, die ein Leben mit einer solchen Behinderung für unzumutbar hält? Ist es die Angst vor der eigenen Überforderung mit einem solchen Kind oder der Traum von einem »normalen« Kind, die zu einem Schwangerschaftsabbruch führen? Diese Fragen gehören zu den schwierigsten, die während einer Schwangerschaft auftauchen können. Hier helfen Gespräche mit vertrauten Menschen oder anderen Betroffenen oft mehr als zusätzliche Informationen.
Das Recht auf Nichtwissen und die Gesetzeslage
2010 wurde das Gendiagnostikgesetz verabschiedet. Dort wird unter anderem geregelt, dass vor jedem Organultraschall und jeder sonstigen vorgeburtlichen Diagnostik eine Aufklärung und Beratung erfolgen muss, die auch beinhaltet, dass werdende Eltern auf die Möglichkeiten und Vorteile ihres Rechts auf Nichtwissen hingewiesen werden. Denn es hat sich gezeigt, dass ausgeprägte Stressbelastungen der Mutter auch die Entwicklung des Ungeborenen beeinträchtigen können. Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland im Rahmen der sog. Beratungsregelung (nach einer Pflichtberatung und nur bis zur 14. SSW) möglich oder bei Vorliegen einer medizinischen Indikation wie z. B. nach einer vorgeburtlichen Diagnostik. Ein Abbruch ist also zulässig, wenn er »nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustandes der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann« (Quelle: StGB § 218a). Die Begrenzung des Abbruchs bis zur 14. SSW gilt in diesem Fall nicht und die Kosten werden von der Krankenkasse getragen.
Diese Formulierung der medizinischen Indikation nimmt allein die körperliche und geistige Gesundheit der Frau zum Ausgangspunkt und vermeidet eine Bezugnahme auf eine (mögliche) Behinderung oder Fehlbildung des Kindes als Grund des Abbruchs. Damit entgeht sie dem Vorwurf einer eugenischen Haltung.
Wie begegnen wir dem Ungeborenen?
Eine frühe vorgeburtliche Diagnostik wirkt verständlicherweise entlastend und beruhigend, wenn das Ergebnis unauffällig ist. Gleichzeitig kann eine solche »Prüfung« in dieser sensiblen Phase hinderlich sein. Bevor nicht diagnostisch ermittelt wurde, dass das Kind gesund ist, können Mutter oder Vater sich womöglich nicht uneingeschränkt auf die Schwangerschaft einlassen. Ihr Bezug zu dem ungeborenen Kind gestaltet sich wie auf Probe oder unter Vorbehalt. Die Frau mag sich nicht an jemand binden, von dem sie sich vielleicht schon bald trennen wird. Dies prägt den inneren Dialog mit dem Kind, kann belastende Konsequenzen für die werdende Familie haben und die Bindungsfähigkeit des Kindes beeinträchtigen.
In den meisten Kulturen gibt es tief verwurzelte Empfindungen, Erzählungen und Vorstellungen über den Weg des Kindes zur Erde. Es ist nicht nur denkbar, sondern für manche Eltern auch erlebbar, dass schon vor der Befruchtung der seelisch-geistige Wesenskern des Kindes den Weg zur Erde und zu den werdenden Eltern antritt. Die Sehnsucht, die ankommende Seele zu empfangen und ihr zu begegnen, spüren viele werdende Eltern. Nicht selten wird von Träumen, Bildern, Gefühlen, stillen Gesprächen zwischen dem Ungeborenen und dessen Mutter und Vater berichtet. All dies ist manchmal schon vor der körperlichen Zeugung spürbar und verdichtet sich in den ersten Wochen der Schwangerschaft. Die Geste einer solchen Empfängnis ist von Ehrfurcht geprägt und ohne jegliche Vorbehalte.
Eine vorgeburtliche Diagnostik, die ausschließlich der Entscheidung dient, welches ungeborene Menschenkind weiter gedeihen darf und welches nicht, ist keine Heilkunst im Dienste der Menschheit. Die Begegnung und Verbindung mit einem erkrankten oder behinderten Kind, sei sein Lebensweg auch noch so kurz, stellt alle Beteiligten vor die Herausforderung, hinter all dem einen Sinn zu erkennen. Dies erscheint im ersten Moment oft schwer bis unmöglich. Dennoch berichten viele Eltern von betroffenen Kindern davon, wie sehr sie gerade diesen Kindern eine neue Einstellung zum Leben verdanken. Vor diesem Hintergrund möchten wir Mut machen, unbefangen, mit Respekt und ohne Vorbehalte ein Kind so zu empfangen, wie es zu uns kommen will.
»Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.« (Václav Havel).
4. Auflage, Juli 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Schutzgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autor:innen
Carmen Eppel Frauenärztin, Heidenheim
Dr. med. Petra Lieder Frauenärztin, Psychotherapeutin, Berlin
Angelika Maaser Frauenärztin, Psychotherpeutin, Berlin
Dr. med. Bart Maris Frauenarzt, Krefeld
Dr. med. Gabriela Stammer Frauenärztin, Wennigsen
Georg Soldner Kinder- und Jugendarzt, München
Literaturempfehlungen
Fezer Schadt K, Erhardt-Seidl C. Weitertragen. Wege nach pränataler Diagnose. Begleitbuch für Eltern, Angehörige und Fachpersonal. Salzburg: edition riedenburg; 2018.
Maio G. Abschied von der freudigen Erwartung. Werdende Eltern unter dem wachsenden Druck der vorgeburtlichen Diagnostik. Waltrop und Leipzig: Manuscriptum; 2013.
Weitere Informationen
Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: www.bzga.de/infomaterialien/familienplanung
Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik: www.netzwerk-praenataldiagnostik.de
Down-Syndrom Infocenter: www.ds-infocenter.de
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärztinnen und Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
www.gaed.de | info@gaed.de
Merkblatt Plazenta. Was tun mit der Nachgeburt?
Die Entwicklung eines Kindes im Mutterleib ist untrennbar mit der Entwicklung der Plazenta (Mutterkuchen) und der Eihäute (Fruchtblase) verbunden. Während der Embryonalzeit bilden diese Hüllen eine kleine Welt für sich. Sie ermöglichen, dass sich das Kind im Fruchtwasser, schwebend – wie in einem eigenen Kosmos – und frei von den Kräften der Erde, z. B. der Schwerkraft, entwickeln kann.
Mit diesem Informationsblatt möchten wir Ihnen das Besondere dieser Organe näherbringen und Sie zu einem achtsamen Umgang mit der Nachgeburt (Plazenta und Eihäute) Ihres Kindes ermutigen.
Sowohl der sich entwickelnde Embryo als auch die Plazenta und die Eihäute stammen aus der von der Samenzelle befruchteten Eizelle. In den ersten drei Wochen bildet sich hieraus nicht gleich der Embryo, sondern zunächst schrittweise ein gegliedertes embryonales Hüllen- und Höhlensystem, das die angemessene Entwicklungsumgebung für das kommende Kind schafft. Mitten darin entwickelt sich in der vierten Woche aus einem zentralen Anteil der eigentliche Embryo und bildet bald seine geschlossene Körperform. Aus den ursprünglichen Embryonalhüllen entstehen Plazenta, Nabelschnur und Eihäute.
Beim Mutterkuchen handelt es sich nicht um ein Organ der Mutter, wie die Bezeichnung vermuten ließe. Plazenta und Eihäute sind zu 98 Prozent kindliches Gewebe und kindlichen Ursprungs. Beide, Plazenta und Embryo, entwickeln sich auf der genetischen Grundlage beider Eltern. Doch während sich in dem Kind ganz vielfältige Strukturen, verschiedene Gewebe und Organe und insbesondere Innenräume herausdifferenzieren, entwickelt sich die Plazenta außerhalb des kindlichen Leibes zu einem einheitlichen Organ, das auf seine Umgebung hin orientiert ist. Als gewissermaßen universelles Organ übernimmt die Plazenta vielfältige Funktionen: die der Lunge, der Nieren, der Leber, der Hormondrüsen, der Wärmebildung und des Verdauungssystems des Kindes – Funktionen also, die später die inneren Organe des Kindes erfüllen. Gleichzeitig stellt sich die Plazenta in dieser Aufgabe vermittelnd – sowohl verbindend als auch abgrenzend – zwischen den mütterlichen und den kindlichen Organismus. Damit leistet sie einen ganz entscheidenden Beitrag zum Gelingen des Werdens und Wachsens des Kindes.
In der Anthroposophischen Medizin werden die umgebenden Embryonalhüllen und die Plazenta als ein physisches Korrelat des geistigen Wesens des Kindes aufgefasst, das in der Embryonalzeit den Aufbau seines individuellen menschlichen Organismus für das irdische Leben ermöglicht und ihn in der gesamten Schwangerschaft trägt.
Die Plazenta besteht also auch genetisch aus kindlichem Gewebe wie der Leib des Kindes. Sie ist als ein dem noch ungeborenen Kind zugehöriges, wenn auch außerhalb dessen gelegenes Organ zu verstehen.
Die vorgeburtlich existenzielle Kommunikation zwischen Kind und Plazenta sichert gleichsam den bedeutsamen Übergang des Kindes in das Leben außerhalb der Gebärmutter. Sichtbares Zeichen dafür ist das Andauern der Nabelschnurpulsation über den Zeitpunkt der Geburt hinaus. Das während Schwangerschaft und Geburt über Kind und Plazenta verteilte Blutvolumen wird über die Nabelschnur nach der Geburt dem Kind zugeführt. Dies unterstützt die Umstellung von plazentarer Atmung auf die eigenständige Lungenatmung, führt dem Kind Sauerstoff, Nährstoffe und die im Nabelschnurblut enthaltenen Stammzellen zu. Ein achtsamer Umgang mit dem Zeitpunkt des Abnabelns (Abnabeln nach Auspulsieren der Nabelschnur oder nach Geburt der Plazenta) ermöglicht, dass dem Neugeborenen auch das gesamte Potenzial der Plazenta für seinen Lebensanfang zur Verfügung steht.
Mit der Geburt des Menschen vollendet die Plazenta ihre Aufgabe: Das Urorgan des Kindes wird als Nachgeburt geboren und stirbt.
Was passiert nun mit der Nachgeburt? Wird sie entsorgt, beerdigt oder für andere Zwecke genutzt? In vielen Kulturen zeugen verschiedenste Bräuche – meist in Form einer rituellen Beisetzung der Nachgeburt – davon, dass den vorgeburtlichen Hüllen des Kindes Ehrfurcht und Respekt entgegengebracht werden. Die höhere Einheit von Kind und Plazenta im vorgeburtlichen Leben legt auch heute einen achtsamen Umgang mit diesem Organ nach der Geburt nahe.
Plazenta-Entsorgung
Noch bis vor 20 Jahren wurden die Plazenten üblicherweise der Kosmetikindustrie übergeben, die deren Hormone verwendete. Davon hat man inzwischen allgemein Abstand genommen. Heute werden die Nachgeburten meist in der Krankenhausverbrennungsanlage entsorgt.
Plazenta-Beerdigung
Manche Eltern nehmen gern die Nachgeburt mit und beerdigen diese im Wald, andere in ihrem Garten, wobei sie dann z. B. einen Baum oder einen Rosenbusch darauf pflanzen. Dieser Brauch entspricht dem oben beschriebenen Verständnis der Plazenta und der Nachgeburt
Plazenta als potenziertes Medikament
Es gibt Firmen und Apotheken, die aus einem kleinen Stück der Plazenta potenzierte Arzneimittel herstellen. Potenzierte Plazenta ist für die Behandlung verschiedener körperlicher und seelischer Probleme desselben Kindes im weiteren Verlauf seines Lebens, aber auch der Mutter gedacht.
Nabelschnurblut als Stammzellenrücklage
Im Blut des ungeborenen bzw. gerade geborenen Kindes, also auch im Nabelschnurblut, befinden sich sogenannte Stammzellen, eine Art noch nicht differenzierter Urzellen, aus denen sich unterschiedlichste Gewebearten und Blutzellen entwickeln können. Bei seltenen schweren Krankheiten kann der therapeutische Nutzen dieser Zellen manchmal lebensrettend sein. Aus diesem Grund wird seit einigen Jahrzehnten dafür geworben, direkt nach der Geburt Nabelschnurblut zu entnehmen und dieses tiefgekühlt zu lagern. Diese Blutreserven können an eine Blutbank gespendet oder gegen Bezahlung bei kommerziellen Anbietern gelagert werden zur späteren therapeutischen Verwendung beim eigenen Kind.
Heute wird dieses Vorgehen kontrovers diskutiert, da es sowohl Vor- als auch Nachteile hat. Nachteilig an der Nabelschnurblutentnahme ist, dass das Kind dafür relativ rasch nach der Geburt abgenabelt werden muss. Überdies ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind seine eigenen Stammzellen zur Behandlung einer schweren Bluterkrankung nutzen könnte, nur sehr gering. Es ist zwar denkbar, dass das eigene Kind von dem eingelagerten Blut profitieren kann, es gibt aber meist auch alternative Therapien, d. h. das eigene Nabelschnurblut ist selten unersetzlich. Viel größer ist hingegen die Chance, dass ein anderes Kind von diesen Stammzellen profitiert, wenn das Nabelschnurblut einer nichtkommerziellen Blutbank zur Verfügung gestellt wird.
Im Moment ist die Stammzellforschung noch relativ jung, die zukünftige therapeutische Nutzung von Stammzellen (z. B. für » Gewebe-Züchtung « als Organersatz) noch nicht absehbar, zumal hierzu ggf. auch » erwachsene « Stammzellen aus dem Blut oder Knochenmark infrage kommen.
Zum jetzigen Zeitpunkt gilt, dass werdende Eltern sich keine Vorwürfe zu machen brauchen, wenn sie Nabelschnurblut nicht einlagern lassen.
Wir hoffen, Ihnen mit diesem Merkblatt Anregungen für den Umgang mit der Nachgeburt Ihres neugeborenen Kindes gegeben zu haben
7. Aufl., Mai 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Sabine Braun, Hebamme M.Sc., Filderstadt
Carmen Eppel, Frauenärztin, Heidenheim
Dr. med. Angela Kuck, Frauenärztin, Richterswil, Schweiz
Dr. med. Bart Maris, Frauenarzt, Krefeld
Prof. Dr. rer. nat. Wolfgang Schad, Witten
Dr. med. Gabriela Stammer, Frauenärztin, Wennigsen
Dr. med. Hendrik Vögler †, Allgemeinarzt, Dortmund
Literaturempfehlungen
Schad W (Hg). Die verlorene Hälfte des Menschen. Die Plazenta vor und nach der Geburt. 3. Aufl. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben; 2016.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Merkblatt Vitamin K bei Neugeborenen
Liebe Eltern, bitte lesen Sie sich diese Informationen über Vitamin K noch vor der Geburt Ihres Kindes durch und besprechen dieses Thema mit Ihrem Kinderarzt / Ihrer Kinderärztin.
Vitamin K und das Neugeborene
Vitamin K ist ein Vitamin, das für das Blutgerinnungssystem eine wichtige Rolle spielt. Es ist in Milch und in vielen Nahrungspflanzen, besonders reichlich in Blattgemüse, Salat, Kohl, Karotten und Sojaöl enthalten.
Menschliche Muttermilch weist von Natur aus einen niedrigen Vitamin-K-Gehalt auf. Dieser ist sehr viel niedriger als beispielsweise der von Kuhmilch. In sehr seltenen Fällen (1 von 10.000 Kindern) kann der Mangel an Vitamin K eine Blutung verursachen, die in einem Drittel der Fälle auch das Gehirn betrifft. Ein Teil dieser Blutungen führt zu einer bleibenden Behinderung oder zum Tod des Kindes. Gefährdet sind insbesondere Kinder, die eine angeborene Störung des Leber-Galle-Systems haben, da die Galle eine wichtige Rolle spielt für die Aufnahme von Vitamin K in den Organismus. Eine solche Störung ist jedoch nicht einfach zu diagnostizieren.
Der tägliche Vitamin-K-Bedarf eines jungen Säuglings liegt in der Größenordnung von 4 μg (1 Mikrogramm ist 1 Millionstel Gramm). Zur Verhinderung von Vitamin-K-Mangelblutungen gibt es seit über 50 Jahren eine Vitamin-K-Prophylaxe für alle Neugeborenen. In Deutschland gilt die Empfehlung, allen Kindern direkt nach der Geburt und bei der 2. und 3. Vorsorgeuntersuchung jeweils 2 mg Vitamin K in Tropfenform zu verabreichen (2 mg sind 2000 μg). Hierdurch wird das Blutungsrisiko sehr deutlich gesenkt
Worauf muss besonders geachtet werden?
In den ersten Lebensmonaten sollte jede Blutung beim Kind – also z. B. Punktblutungen, Nasenbluten, Blutauflagerungen auf dem Stuhl oder auffällige Blutungsflecke an der Haut – zum Anlass genommen werden, das Kind so schnell wie möglich einem Arzt / einer Ärztin vorzustellen. Außerdem sollten eine Neugeborenen-Gelbsucht, die länger als 14 Tage anhält, sowie eine ungenügende Gewichtszunahme als mögliche Hinweise auf eine Störung des Gallenflusses ernst genommen und ärztlich abgeklärt werden.
Fragen zur Vitamin-K-Prophylaxe
Der im Vergleich zur Kuhmilch sehr viel niedrigere Vitamin-K-Spiegel im Blut des Neugeborenen und in der Muttermilch deutet darauf hin, dass der Vitamin-K-Gehalt im Laufe der Evolution des Menschen im Vergleich zu Säugetieren gesunken ist. Das wirft die Frage auf, ob dies einen Grund hat. Handelt es sich bei diesem niedrigen Vitamin-K-Gehalt um einen Fehler der Natur, der korrigiert werden muss, oder hat dieser eine Funktion, z. B. für das starke Wachstum des Gehirns beim Säugling oder die langsame Reifung des menschlichen Skeletts? Vitamin K beeinflusst nicht nur die Blutgerinnung, sondern auch Stoffwechselprozesse im zentralen Nervensystem, am Skelett oder in den Blutgefäßen. Die langfristigen Folgen unnatürlich hoher Vitamin-K-Gaben an Säuglinge für diese Organe sind nie vergleichend untersucht worden.
Wie bei jeder anderen vorbeugenden Maßnahme entscheiden Sie, die Eltern – und diese Entscheidung ist verantwortungsvoll.
Welche anderen Möglichkeiten gibt es?
- Einige Eltern machen sich Gedanken darüber, ob es notwendig oder sinnvoll ist, das gerade neu geborene Kind mit einem recht hoch dosierten Vitaminpräparat zu behandeln. Manche entscheiden sich für eine kontinuierliche, niedriger dosierte Prophylaxe über einen Zeitraum von 12 Wochen. Hierbei werden tägliche Gaben von 25 oder 50 μg empfohlen. Diese Prophylaxe kann ergänzt werden durch eine einmalige höher dosierte Gabe von 1−2 mg direkt nach der Geburt zum verstärkten Schutz vor Blutungen in den ersten beiden Lebenswochen. Die Aufnahme von Vitamin K wird verbessert, wenn unmittelbar nach der Verabreichung gestillt bzw. Milch gegeben wird.
Bei dieser täglichen, niedrig dosierten Prophylaxe erhält das Kind um ein Vielfaches mehr an Vitamin K, als es alleine über die Muttermilch erhalten würde. Ein Vergleich der Schutzwirkung dieser Methode mit der in Deutschland offiziell empfohlenen Gabe von 2 mg jeweils zu den ersten drei Vorsorgeuntersuchungen wurde bisher in Studien nicht untersucht. Bei sehr selten vorkommenden schweren Störungen des Gallenflusses kann der Schutz jeder Methode, bei der das Vitamin K über den Verdauungstrakt verabreicht wird, unzureichend sein.
Eine ölige Lösung für die kontinuierliche, niedriger dosierte Vitamin-K-Gabe wird in einigen darauf spezialisierten Apotheken hergestellt: Vitamin K, ölige Tropfen, verschiedene Rezepturen (z. B. 7, 14 µg/Tropfen oder 12,5 µg/Tropfen). Dosierung: Wenn nicht anders verordnet, täglich 25–50 µg über 12 Wochen nach der Geburt. Bitte die Angabe der Apotheke beachten, wie vielen Tropfen dies entspricht. - Erhöhung des Vitamin-K-Gehalts der Muttermilch durch die Ernährung: Als stillende Mutter achten Sie ohnehin sehr auf Ihre Ernährung. Dabei ist es möglich, durch reichlichen Verzehr von Haferflocken, täglich frischem (!) Blattsalat, Blattgemüse, Möhren, verträglichen Kohlsorten wie Brokkoli oder die Verwendung von Maiskeim- oder Olivenöl als Speise- und Salatöl den Vitamin-K-Gehalt der Muttermilch mehr als zu verdoppeln.
Bei dieser Art der Prophylaxe ist der Schutz vor einer Blutung vermutlich nicht so groß wie bei der Gabe von Vitamin-K-Tropfen. 100 ml Muttermilch enthalten durchschnittlich nur 0,12 µg Vitamin K! Der Schutz vor Blutungen durch dieses Vorgehen ist bisher nicht in Studien untersucht worden. - Flaschennahrung ist in Deutschland immer mit Vitamin K angereichert, in einer Dosierung von 50 μg pro Liter. Falls Ihr Kind überwiegend Flaschennahrung erhält, kann nach einer Gabe von 1–2 mg direkt nach der Geburt erwogen werden auf die zusätzliche Gabe von Vitamin K zu verzichten.
Bitte besprechen Sie rechtzeitig mit Ihrem Kinderarzt / Ihrer Kinderärztin, ob und wie Sie eine Vitamin-K-Prophylaxe bei Ihrem Kind durchführen wollen. Dieses Merkblatt dient lediglich dazu, ein solches Gespräch anzuregen und vorzubereiten, kann und will es aber nicht ersetzen.
11. Aufl., Mai 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Nicola Fels, Kinder- und Jugendärztin, Krefeld
Dr. med. Markus Krüger, Kinder- und Jugendarzt, Elbeklinikum Stade
Prof. Dr. med. Alfred Längler Leitender Kinder- und Jugendarzt, Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke
Dr. med. Bart Maris, Frauenarzt, Krefeld
Dr. med. Christoph Meinecke, Kinder- und Jugendarzt, Berlin
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Literaturempfehlungen
Die aktuelle Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin zu Vitamin K vom März 2013: www.dgkj.de/wissenschaft/stellungnahmen bzw. doi.org/10.1007/s00112-012-2827-x.
Die aktuelle Aufarbeitung und Stellungnahme des Health Council of the Netherlands: www.healthcouncil.nl/documents/advisory-reports/2017/04/11/vitamin-k-for-infants.
Längler A, Madeleyn R, Maris B, Meinecke C, Soldner G. Leitlinie und Merkblatt zum Thema Vitamin-K-Prophylaxe. Der Merkurstab 2007;60(1);62–65. ); www.anthromedics.org/DMS-19022-DE
Längler A, Madeleyn R, Maris B, Meinecke C, Soldner G. Leitgedanken zur Vitamin-K-Prophylaxe im Säuglingsalter. Der Merkurstab 2014;67(2): 154–156. Online verfügbar hier im Merkblattbereich
Vagedes J, Soldner G. Das Kinder-Gesundheitsbuch. Kinderkrankheiten ganzheitlich vorbeugen und heilen. 2. Aufl. München: Gräfe und Unzer; 2013. (Vgl. S. 43 zu Vitamin K.)
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Säuglingsernährung
Die Qualität und Zusammensetzung der Ernährung hat einen großen Einfluss auf unsere körperliche und psychische Gesundheit. Dies gilt für Säuglinge noch mehr als für Erwachsene. Die moderne industrielle Säuglingsnahrung ist heute streng kontrolliert, standardisiert, konserviert und wird ergänzt mit Mineralien, Vitaminen und Fettsäuren, um möglichst keinen Mangel auftreten zu lassen. Dabei fehlt jedoch die lebendige Frische. Wer für die Ernährung seines Säuglings selbst die Verantwortung übernehmen will, muss sich informieren und aktiv werden.
Muttermilch ist die beste Ernährung
Die beste Nahrung für das Neugeborene und den Säugling ist die Muttermilch, die beste Ernährungsform das Stillen. Wir empfehlen im Einklang mit der WHO, nach Möglichkeit 6 Monate ausschließlich zu stillen, danach geeignete Beikost einzuführen und noch weiter zu stillen. Das genaue Vorgehen kann mit dem Kinderarzt besprochen werden, der Ihr Kind kennt und die weiteren Vorsorgeuntersuchungen (U6, U7) durchführt.
Das Stillen versorgt Ihr Kind nicht nur mit individueller und wohlschmeckender Nahrung, sondern auch mit emotionaler Nähe und Bindung. In den ersten 4–6 Wochen ist die Stillfrequenz sehr individuell und es können 6–12 Stillmahlzeiten innerhalb von 24 Stunden gegeben werden. Das häufigere Stillen wirkt sich vorteilhaft auf die Milchbildung aus. Wir empfehlen anfangs Stillen nach Bedarf, das bedeutet, immer dann zu stillen, wenn Sie erkennen, dass Ihr Baby Hunger hat.
Durch Ihre Erfahrung und ggf. fachliche Anleitung lernen Sie immer besser, Hunger von Unruhe durch andere Ursachen zu unterscheiden. Mit der Zeit stellt sich eine Regelmäßigkeit ein, die wünschenswert ist und dem Kind wie der Familie bei der Vermeidung von Stress und Überforderung helfen kann.
Ernährung und Lebensweise der Mutter haben bereits in der Schwangerschaft und während der gesamten Stillzeit einen großen Einfluss auf die Qualität der Muttermilch. Eine ausgewogene Vielfalt an Getreide, Gemüse, Obst und Milchprodukten in biologisch-dynamischer (Demeter-) oder Bio-Qualität ist sehr empfehlenswert. Es ist gut, in dieser Zeit auf Genussmittel zu verzichten und regelmäßig Zeit im Freien zu verbringen (z.B. tägliche Spaziergänge). Mütter, die sich vegan ernähren, sollten ihren Vitamin-B12-Spiegel kontrollieren lassen. Ein Vitamin-B12-Mangel bei Mutter und Kind muss unbedingt vermieden werden.
Was tun, wenn nicht oder nur kurze Zeit gestillt werden kann? Bei guter Stillanleitung kann nahezu jede Mutter ihr Kind stillen. Bei unzureichender Milchbildung sollte zunächst alles getan werden, um die Muttermilchmenge zu erhöhen, was durch Stillberatung, Ruhe, gute, reichhaltige Ernährung der Mutter, Entlastung im Haushalt etc. geschehen kann. Wenn trotz optimaler Unterstützung zugefüttert werden muss, sollte Muttermilchersatz gegeben werden. Hierzu gibt es industrielle Säuglingsfertignahrung mit konventionellen oder biologischen Zutaten. Bei allen Sorten werden gesetzlich vorgeschriebene Mineralstoffe, Vitamine und (ab 2020) Fettsäuren hinzugefügt. Die Menge und Qualität dieser Zusätze und ihre Aufnahmemöglichkeit durch den Stoffwechsel des Säuglings sind im Gegensatz zu den natürlich gebildeten Mineralstoffen und Vitaminen kritisch zu bewerten. Die biologische Fertignahrung vermeidet zumindest gentechnisch veränderte Zutaten und basiert auf Milch in biologischer oder sogar biologisch-dynamischer Qualität. Säuglingsanfangsnahrung (Pre-Nahrung) bei nicht gestillten Kindern kann von der Geburt bis zur Umstellung auf Breimahlzeiten gefüttert werden.
Für Kinder von Eltern mit einer allergischen Veranlagung werden oft HA-Nahrungen (hypoallergene Nahrungen) empfohlen. Diese HA-Nahrungen weisen jedoch einen intensiven Eingriff in die Eiweißstruktur der Milch auf, was Lebenskräfte, Geschmack und Natürlichkeit stark beeinflusst. Wir empfehlen deshalb biologische Pre-Nahrung. Von sojahaltigen Säuglingsnahrungen wird inzwischen wegen des Gehalts an Phytoöstrogenen (pflanzlichen Hormonen) abgeraten.
Was tun nach der Stillzeit? Die Breizeit
Ab wann ein Säugling zusätzlich Beikost benötigt, ergibt sich individuell in Abhängigkeit vom Gedeihen und der Essfähigkeit des Kindes. Beikost sollte nicht vor dem Beginn des fünften und nicht später als nach dem siebten Lebensmonat gegeben werden. Beikosteinführung bedeutet nicht Abstillen, sondern eine langsame Verminderung der Muttermilchmengen und Stillmahlzeiten.
Das kleine Kind braucht jetzt leicht verträgliche Kost wie Gemüse, Obst und Getreide. Obst und Gemüse sollten biologische oder Demeter-Qualität haben sowie geschmackvoll, farbig und nährwertreich ausgereift sein. Der Eisenbedarf lässt sich durch eine Kombination von Vollkornzubereitungen, Gemüse und Obst in der Regel vegetarisch gut decken. Fleisch ist im ersten Lebensjahr (und auch danach) nicht erforderlich und kann zu einer ungünstig hohen Eiweißaufnahme führen.
Alle fertigen Brei-Gläschen (auch Bio und Demeter) sind sterilisiert, auf gesundheitsschädliche Rückstände kontrolliert, gegebenenfalls mit Nährstoffen ergänzt, aber natürlich nicht frisch. (Oft sind die Gläschen älter als das Kind.) Wer den Brei selbst zubereitet, kann sich die Qualität aussuchen, die Zutaten variieren und regionale, saisonale und schmackhafte Produkte verwenden. Dabei ist einfache Kost zu empfehlen.
Das Essen selbst frisch zuzubereiten, verbindet auf eine intensivere Art mit dem Kind, als wenn nur ein Gläschen erwärmt wird. So schmeckt der Brei jedes Mal etwas anders, was für die Geschmacksentwicklung förderlich ist. Besonders wertvolle Gemüsearten sind Möhren (vor allem samenfeste Sorten), Pastinaken, Blumenkohl, Kohlrabi, Kürbis oder Brokkoli. Als Getreide eignen sich die eisenreiche und glutenfreie Hirse sowie Dinkel- und Haferflocken. Es empfiehlt sich, immer etwas geschmacksneutrales Bio-Öl dazuzumischen. Als Obst sind Äpfel und Birnen ausreichend. Bananen sollten wegen des hohen natürlichen Zuckergehalts (17 %) nur ausnahmsweise (z.B. für kranke Kinder) verwendet wer- den. Saisonal können Beeren und Steinobst dazugegeben werden. Ihr Kind sollte keinen Zucker zum Süßen von Speisen und Getränken bekommen.
Für den Milchbrei ist eine Frischzubereitung ebenfalls empfehlenswert. Dabei weist die Milch große Qualitätsunterschiede je nach Tierhaltung, Futterart sowie Verarbeitung auf. Kühe, die auf die Weide gehen, haben wertvollere Fettsäuren in der Milch als solche im Stall, die eiweißreiches Kraftfutter erhalten. Bei der Wärmebehandlung ist die übliche Pasteurisierung (oft als »traditionelle Herstellung« bezeichnet) das schonendste Hitzeverfahren. Solche Milch ist einer »länger frischen«, hocherhitzten oder (ultrahoch- erhitzten) H-Milch vorzuziehen. Demeter-Milch ist pasteurisiert, aber nicht homogenisiert und deshalb zu empfehlen. Wird das Milchfett nicht homogenisiert, erfolgt die Eiweißverdauung langsamer und gründlicher, was die Verträglichkeit von Kuhmilch verbessert und Kuhmilchallergien vorbeugt. Da der Säugling noch viel Fett braucht (im 2. Lebenshalbjahr über 40 % seiner Gesamtenergie), sollte immer Milch mit natürlichem Fettgehalt verwendet werden (3,5 %). Kuhmilch wird anfangs wegen des höheren Eiweißgehalts mit Wasser verdünnt in den Brei gegeben. Zur Zubereitung von Milch-Getreide-Brei eignen sich zum Bei- spiel Dinkelgrieß, Hafer- oder Hirseflocken.
Gegen Ende des ersten Lebensjahres braucht das Kind pro Tag im Allgemeinen 4–5 Mahlzeiten: ein- bis zweimal Gemüsebrei (später Gemüse-Getreide-Brei), einen Obst- Getreide-Brei und zwei bis drei Stillmahlzeiten oder zwei Milchmahlzeiten als Milch-Getreide-Brei (siehe Literaturempfehlungen am Ende des Merkblatts).
Das Kind kann nun auch lernen, zusätzlich Wasser aus einem Becher oder Glas zu trinken. Von einer Trinkflasche wird abgeraten. Ab einem Jahr kann das Kind in der Regel Familienkost erhalten.
Wie wird die Essenssituation gestaltet? Auf dem Weg zur Entwicklung einer gesunden Selbstregulation hilft es dem Kind, wenn ihm zu regelmäßigen Zeiten Essen angeboten, es aber nicht zum Essen gedrängt wird. Bleibt das Kind frei, lernt es die Essensmenge bald selbst zu bestimmen. Es muss nicht aufessen. Es sollte auch nicht abgelenkt und nebenher gefüttert werden. Hat das Kind genug, wird dies respektiert und die Mahlzeit beendet. Die Freude am Essen wird gefördert, wenn dem Kind je nach seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten auch der Raum gegeben wird, sich am Essen selbstständig zu beteiligen. Tischsprüche, Lieder oder Gebete (Rituale) fördern die Achtsamkeit beim Essen. Sie geben Orientierung und einen klaren Rahmen. Gleichzeitig fördern sie die Empfindung von Dankbarkeit (hier dem Essen gegenüber), was im späteren Leben zu größerer Achtsamkeit auch im Umgang mit der Umwelt und den Mitmenschen führt.
Auf welche Qualität ist zu achten?
Es ist wichtig, darauf zu achten, dass die Nahrungsmittel von biologischer, möglichst biologisch-dynamischer Qualität sind. Biologischer (oder ökologischer) Anbau verzichtet auf Stickstoffdünger, Pestizide und Gentechnik und zeichnet sich durch ein hohes Maß an vitalitätsfördernden und sorgfältig verarbeiteten Inhaltsstoffen aus. Biologisch-dynamischer Anbau geht zurück auf Anregungen Rudolf Steiners für eine Qualitätsverbesserung der Lebensmittel durch Anwendung von potenzierten Heilkräuterpräparaten, Aussaat und Ernte nach kosmischen Bezügen, artgerechte Tierhaltung und vielfältige Hofgestaltung. Der biologische Anbau und insbesondere Demeter haben sich einem achtsamen und pflegenden Umgang mit den Ressourcen der Natur verschrieben, dem Lebensraum für unsere Kinder.
Nahrungsergänzungsmittel sind bei frischer Demeter- oder Bio-Qualität nicht nötig, da durch die schonende Verarbeitung Wertvolles erhalten bleibt. Insgesamt weisen solche Lebensmittel eine ganzheitliche Qualität auf, die mehr ist als die Summe der analysierbaren Inhaltsstoffe.
5. Aufl., Februar 2019
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Nicola Fels, Kinder- und Jugendärztin, Krefeld
Dr. med. Markus Krüger, Kinder- und Jugendarzt, Aichtal
Dr. Petra Kühne, Ernährungswissenschaftlerin, Bad Vilbel
Prof. Dr. med. Alfred Längler, Leitender Kinder- und Jugendarzt, Gemeinschaftskrankenhaus Herdecke
Dr. med. Christoph Meinecke, Kinder- und Jugendarzt, Berlin
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Michaela Strümper-Brix, Kinderkrankenschwester, Still- und Laktationsberaterin IBCLC, Herdecke
Literaturempfehlungen
Glöckler M, Goebel W, Michael K. Kindersprechstunde. 21. Aufl. Stuttgart: Verlag Urachhaus; 2018.
Vagedes J, Soldner G. Das Kinder-Gesundheitsbuch. Kinderkrankheiten ganzheitlich vorbeugen und heilen. 7. Aufl. München: Gräfe & Unzer; 2018.
Kühne P. Säuglingsernährung. Stillen und vegetarische Beikost. 11. Aufl. Bad Vilbel: Arbeitskreis für Ernährungsforschung; 2016.
Vincze M. Schritte zum selbständigen Essen. 2. Aufl. Berlin: Pikler Gesellschaft; 2005.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Mammografie-Reihenuntersuchung
Soll ich wirklich regelmäßig eine Mammografie machen lassen? Viele Frauen stellen sich diese Frage, wenn sie alle zwei Jahre im Rahmen des Mammografie-Screenings angeschrieben werden. Mit diesem Merkblatt möchten wir Ihnen einige wichtige Hinweise und Anregungen geben, um Sie bei dieser Entscheidung zu unterstützen.
Warum Mammografie-Reihenuntersuchungen?
Mit jährlich rund 72.000 Diagnosen ist Brustkrebs die häufigste Krebsart bei Frauen in Deutschland. Da die Heilungschancen meist größer sind, je eher der Krebs entdeckt wird, wurden für Brustkrebs, wie auch für Gebärmutterhalskrebs, Darmkrebs, Hautkrebs oder Prostatakrebs, Screening-Programme eingeführt. Damit soll der Krebs frühzeitig entdeckt und behandelt werden, bevor entsprechende Beschwer- den auftreten oder der Tumor tastbar wird.
Da Brustkrebs am häufigsten im Alter von 50 bis 70 Jahren auftritt, wird allen Frauen in dieser Altersgruppe angeboten, regelmäßig an einer Mammografie-Reihenuntersuchung (Mammografiescreening) teilzunehmen. Die Einladung zum Screening bezieht alle Frauen der oben genannten Alters- gruppe ein. Somit erfolgt weder eine Anpassung an individuelle Risikofaktoren und Besonderheiten noch ein persönliches informierendes Arztgespräch zum Screening-Programm. Die Kosten für die Reihenuntersuchung werden von der Solidargemeinschaft aller Versicherten getragen und betragen rund 220 Millionen Euro jährlich.
Welche Untersuchungsmethoden gibt es?
Keine der heutigen Untersuchungsmethoden der Brust bietet eine umfassende Sicherheit:
- Eine gründliche Tastuntersuchung kann je nach Beschaffenheit des Brustdrüsenkörpers eine gewisse Beurteilung in Hinblick auf Gewebsveränderungen möglich machen.
- Eine Ultraschalluntersuchung kann viele auffällige Befunde darstellen. Manche Krebsarten sind im Ultraschall auch besser sichtbar als in der Mammografie. Dies gilt vor allem für Frauen unter 50 Jahren. Manche Tumoren jedoch, und vor allem Krebsvorstufen, können mit dem Ultraschall nicht gesehen werden.
- Eine Mammografie ist eine Röntgenuntersuchung, mit der bei Frauen über 50 Jahre 50 % der Mammakarzinome und einige Vorstufen gesehen werden können. Bei sehr dichtem Brustdrüsenkörper liegt die Sensitivität noch darunter. Die Strahlenbelastung der Untersuchung kann in sehr gerigem Maße zellschädigend sein.
- Eine Kernspintomografie zeigt Vorstufen und Brustkrebserkrankungen sehr zuverlässig und wird in Einzelfällen ergänzend herangezogen. Als Screening-Methode eignet sie sich u. a. aufgrund der hohen Kosten nicht.
Kritische Anmerkungen zur Reihenuntersuchung
Eine Reihenuntersuchung zielt vor allem darauf ab, eine Krankheit früh zu erkennen und dadurch möglichst heilen zu können. Gerade bei Brustkrebs greift dieser Ansatz jedoch nicht immer. Denn manche Tumorarten streuen schon in einem sehr frühen Stadium (dann käme die Früherkennung zu spät). Andere hingegen wachsen langsam, sind weniger aggressiv und streuen auch im späteren Stadium nicht, zum Beispiel, wenn der Knoten schon tastbar ist (dann hätte die Früherkennung keinen Nutzen). Von einer Mammografie-Reihenuntersuchung profitieren also nur die Frauen, deren möglicher Brustkrebs zum Zeitpunkt der Mammografie weder tastbar ist noch gestreut hat und zu dem Zeitpunkt, wenn er auf eine tastbare Größe herangewachsen wäre, streuen würde. Insofern kann die Aussagekraft der Mammografie individuell durchaus beschränkt sein. Jeder zweite operierte Brustkrebs wird per Zufall in der Zwischenzeit zwischen zwei Mammografien entdeckt (sogenannte »Intervallkarzinome«). Dies gilt insbesondere für rasch wachsende Tumoren (siehe »Unterdiagnostik«).
Zum Vertragswerk des Mammografie-Screenings gehört auch, dass die weitere Diagnostik und die Überleitung zur Therapie von der Screening-Stelle koordiniert wird, ohne dass die behandelnden Frauen- oder Hausärzte und -ärztinnen einbezogen werden müssen. Eine solche zusätzliche Begleitung durch vertraute Ansprechpartner ist nicht vorgesehen. Es ist ebenfalls nicht vorgesehen, dass Sie als Patientin eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Sie können jedoch jederzeit anders handeln.
Nutzen oder Schaden beim Screening?
- Wie effektiv das Screening-Programm tatsächlich ist, um die Sterblichkeit durch Brustkrebs zu reduzieren, wird unterschiedlich beurteilt und sehr kontrovers diskutiert.
- Wenn 2.000 Frauen über einen Zeitraum von 10 Jahren alle 2 Jahre an einem Mammografie-Screening teilnehmen, profitiert eine Frau davon, das heißt, es stirbt eine Frau weniger an Brustkrebs.
- Überdiagnostik: Es gibt Frauen, bei denen durch das Screening ein Brustkrebs oder eine behandlungsbedürftige Krebsvorstufe diagnostiziert und in der Folge behandelt werden, die ohne das Screening zu Lebzeiten nicht aufgefallen wären. Der Krebs bzw. die Krebsvorstufe hätten sich unentdeckt bis zum (natürlichen) Lebensende der Frau weiterentwickelt, ohne die Patientin zu gefährden. Es handelt sich in solchen Fällen um eine »Überdiagnose«, denn bei einem auffälligen Befund folgen chirurgische Eingriffe sowie eventuell die Empfehlung zu Strahlen- und Chemotherapie, welche in diesem Fall für die betroffenen Frauen ausschließlich Nachteile haben.
- Unterdiagnostik: Bestimmte Brustkrebsarten werden mit der Mammografie nicht erfasst. Dies gilt insbesondere für aggressive Tumorarten. Ca. 30 % der durch Ultraschall diagnostizierten Brustkrebse sind laut Literatur in der Mammografie nicht erkennbar.
- Falsch positive Befunde: Das Mammografie-Screening führt zu mehr »falsch positiven« Befunden, als dass es tatsächlich Karzinome entdeckt. Unter »falsch positiv« versteht man einen abklärungsbedürftigen Mammografie-Befund, der sich letztlich als unauffällig herausstellt. Zwei von zehn Frauen, die regelmäßig am Screening-Programm teilnehmen, sind davon betroffen. Auf einen solchen auffälligen Mammografie-Befund folgen Anschlussuntersuchungen, eventuell eine Biopsie oder sogar eine Operation, mit einer sich über Wochen ziehenden Zeit der Unsicherheit während des Wartens auf die Ergebnisse. Die Ängste, die durch solche Untersuchungsergebnisse ausgelöst werden, können ihrerseits zu einer erheblichen Belastung für die betroffenen Frauen werden.
Eigenverantwortlich handeln
Bei einer Entscheidung für oder gegen die Teilnahme am Screening gilt es, Folgendes zu bedenken: Eine Mammografie ist keine vorbeugende Maßnahme, die verhindert, dass sich eine Krebserkrankung entwickelt. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Methode zur Früherkennung, welche auch potenzielle Nachteile mit sich bringt. Dieses Merkblatt möchte Ihnen helfen, zu einer eigenen Entscheidung zu finden, ohne zusätzliche Ängste zu wecken. Angst spielt aber gerade dann eine große Rolle, wenn es darum geht, Frauen zur Teilnahme an der Reihenuntersuchung zu bewegen. Für eine individuelle Entscheidung sind folgende Fragen hilfreich:
- Wie groß sind Ihre Sorgen oder Ihre Ängste vor Krebs oder auch vor der Mammografie?
- Wie hoch sind Ihre persönlichen Risikofaktoren – waren Sie zum Beispiel nie schwanger? Wie sieht Ihre familiäre Belastung aus – gab oder gibt es Brustkrebs bei Mutter, Schwester oder Tante?
- Wie ist die Beschaffenheit Ihrer Brust – kann das Gewebe bei einer Tastuntersuchung und/oder beim Ultraschall leicht oder nur schwer beurteilt werden?
Nehmen Sie sich die Zeit, sich mit diesen Fragen in Ruhe auseinanderzusetzen, um zu Ihrer eigenen Entscheidung zu finden.
Falls Sie sich aus guten Gründen für eine Teilnahme am Screening-Programm entscheiden und auffällige oder unklare Befunde festgestellt werden, machen Sie sich bewusst, dass Sie jederzeit die Möglichkeit haben, die weitere Diagnostik und Behandlung mit Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt abzustimmen und ggf. in einem Krankenhaus Ihrer Wahl durchführen zu lassen.
Individuell entscheiden
Eine Früherkennung will und soll mögliche Krankheiten suchen und finden. Manchmal kann es jedoch auch sinnvoll sein, die Perspektive zu wechseln und selbstbewusst zu fragen: Was fördert meine Gesundheit? Wie geht es mir?
Jede Frau ist und reagiert anders, auch in Bezug auf Ängste und Sorgen – und wird eine individuelle Behandlung bzw. Untersuchungsmethode bevorzugen, die zu ihr passt. Das können die sorgfältige ärztliche Untersuchung sein (auch kombiniert mit Ultraschall) und/oder die regelmäßigen Selbstuntersuchungen. Und natürlich auch eine Mammografie die dann aus gegebenem, selbstbestimmtem Anlass ergänzend durchgeführt wird.
So gilt auch bei Programmen zur Vorsorge bzw. Früherkennung: Wer individuell entscheiden kann, wird leichter zu einem wirklich eigenverantwortlichen Gesundheitsbewusstsein finden.
3. Aufl., Januar 2019
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Dr. med. Miriam Bräuer, Frauenärztin, Herdecke
Angelika Maaser, Frauenärztin, Berlin
Dr. med. Bart Maris, Frauenarzt, Krefeld
Dr. med. Gabriela Stammer, Frauenärztin, Wennigsen
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Osteoporose-Behandlung
Viele Menschen, vor allem Frauen, sind von Osteoporose betroffen. Fragen zur Vorbeugung, Früherkennung und Therapie werden deshalb breit diskutiert. In der Regel wird Frauen ab den Wechseljahren eine gelegentliche Knochendichtemessung empfohlen. Ergeben sich dabei Hinweise auf eine verminderte Knochendichte, werden vor allem Kalzium, Vitamin D und Bisphosphonate verordnet. Was im Einzelfall sinnvoll ist, kann allerdings immer nur sehr individuell und im gemeinsamen Gespräch mit den Patient:innen entschieden werden: Wann ist eine medikamentöse Therapie erforderlich? Was kann man selbst tun? Wie kann die Anthroposophische Medizin helfen?
Mit diesem Merkblatt informieren wir Sie über verschiedene Vorbeugungs- und Therapiemöglichkeiten, sodass Sie sich gemeinsam mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt auf eine Therapie verständigen können, die für Sie sinnvoll ist.
Der gesunde Knochen
Das Knochengerüst gibt dem Menschen Halt und Gestalt. Der Knochen selbst befindet sich ständig im Umbau: fortdauernd wird Knochensubstanz auf- und abgebaut, Knochenbrüche heilen wieder. Für die plastische Knochenmatrix, die die Gestalt vorgibt, ist Kieselsäure sehr wichtig, für die Festigkeit Kalk, der fortdauernd in die Matrix eingelagert und wieder herausgelöst wird. Über die Jahre ändert sich die Beschaffenheit der Knochen: Während die Knochen in der kindlichen Wachstumszeit noch sehr plastisch sind, wird die maximale Knochendichte im frühen Erwachsenenalter erreicht, um im späteren Alter, wenn die Knochen weniger Belastungen ausgesetzt sind, wieder zurückzugehen. Somit entspricht die Abnahme der Knochenfestigkeit dem physiologischen Alterungsprozess.
Was ist Osteoporose?
Die manifeste Osteoporose ist mehr als eine reine Knochenkrankheit – sie sollte vielmehr in Bezug zum gesamten Menschen gesehen werden. Da nicht primär die mineralische Knochensubstanz, sondern die Knochenstruktur verändert ist, ist diese Krankheit auch nicht ausschließlich auf Vitamin-D- oder Kalzium-Mangel zurückzuführen. Stattdessen sollten weitere Dimensionen berücksichtigt werden: Auf der körperlichen Ebene kommt es zu einer Störung der Knochenstruktur, vor allem der Gliedmaßen und der Wirbelsäule. Im Bereich der Wirbelsäule kann es spontane Frakturen (Knochenbrüche) geben, gleichzeitig steigt das Risiko eines Oberschenkelhalsbruches. Frische Mikrofrakturen der Wirbelkörper können über Wochen sehr schmerzhaft sein. Bei mehreren solcher Frakturen kann es schließlich zum Rundrücken kommen.
Auch die Frage nach der »Lebendigkeit« des Knochens ist wichtig. In welchem Verhältnis stehen Aufbau- und Abbauprozesse zueinander? In manchen Osteoporoseformen oder Erkrankungsphasen dominieren die osteoklastischen Prozesse (Abbau der Knochensubstanz), in anderen Fällen zeigen sich – vorwiegend beim älteren Menschen – eingeschränkte Aufbauprozesse (Osteoblasteninsuffizienz). Und auch die seelische Dimension ist relevant: Bis heute ist kaum bekannt, dass die Osteoporose häufig mit einer Depression assoziiert ist. Die innere »Lichtlosigkeit der Seele«, die eine Depression kennzeichnet, scheint in ganz besonderem Maße mit dieser Knochenerkrankung verbunden zu sein. Die Patientinnen und Patienten sind seelisch »dünnhäutig«, was zum Beispiel in der oft dünnen Haut der Osteoporosekranken (früher wurde anstelle der Knochendichte die verminderte Hautfaltendicke bestimmt) seine äußere Entsprechung hat.
Bedeutung der Knochendichtemessung
Prophylaxe und Therapie der Osteoporose sind gegenwärtig auf die Erhöhung der Knochendichte und die Senkung des Frakturrisikos ausgerichtet. Allerdings sollte die oft empfohlene Knochendichtemessung nicht überbewertet werden, da die Werte von gesunden und osteoporosekranken Menschen stark überlappen können. Darüber hinaus wird mit der üblichen Messmethode (»DXA«) nur der Kalziumgehalt gemessen. Aussagen zur Qualität der Knochenmatrix und der sog. Bälkchenstruktur werden damit nicht gemacht. Zeigt die Messung eine geringere Knochendichte, werden in der Regel regelmäßige Kontrolluntersuchungen und eine medikamentöse Therapie empfohlen. Um die individuelle Situation stärker zu berücksichtigen, können routinemäßige Knochendichtemessungen bei gesunden Menschen von entsprechenden Risikofaktoren (Familienanamnese, Vorerkrankungen, Medikamente, Lebensstil) abhängig gemacht werden. Fehlen diese Risikofaktoren, kann auf die Messung verzichtet werden.
Entwicklung der Therapiestandards
Während die Erkrankung in den Nachkriegsjahren selten beachtet und behandelt wurde, konzentrierte man sich bis in die 1980er-Jahre auf eine Therapie mit Fluoriden. Frauen wurde nach den Wechseljahren zur Osteoporose-Prophylaxe und -Therapie eine Hormonersatztherapie
geraten. Da Risiken und Nebenwirkungen einer solchen Langzeittherapie aber nicht unerheblich sind und der Nutzen beschränkt ist, wird seit den 1990er-Jahren auf eine Behandlung mit Bisphosphonaten (chemische Verbindungen mit 2 Phosphonatgruppen) gesetzt. Zur Wirkungsweise: Bisphosphonate werden über Jahre in den Knochen eingelagert, greifen substanziell in die physiologischen Umbauprozesse ein und hemmen speziell den Knochenabbau. Damit verliert der Knochen die Fähigkeit zum »lebendigen« Auf- und Abbau und wird ergleichsweise statisch. Außerdem gilt auch hier als problematisch, dass sich die Risiken einer Langzeitbehandlung erst nach längeren Zeiträumen feststellen lassen, trotz kontrollierter Studien.
Darüber hinaus sollte berücksichtigt werden, dass die Therapie mit Bisphosphonaten zwar rund 50 % der Osteoporosekomplikationen verhindern kann. Die absoluten Risikoreduktionen fallen jedoch, je nach Frakturtyp, bedeutend niedriger aus. Konkret bedeutet das, dass eine sehr große Patient:innengruppe – die von der Therapie nicht profitiert – behandelt werden muss, damit bei einer Patientin oder einem Patienten eine Fraktur verhindert werden kann. Auch vor diesem Hintergrund sollte die Behandlung mit Bisphosphonaten (Therapieindikation und -dauer) immer individuell und gemeinsam mit der Patientin/dem Patienten festgelegt werden.
Auch andere pharmakologische Prinzipien zur Beeinflussung des Knochenstoffwechsels wurden entwickelt. So kommen in den letzten Jahren häufig Antikörper gegen das RANKL-System in Form des monoklonalen Antikörpers Denosumab (Prolia®) zur Anwendung. Dabei wird gezielt versucht, auf die abbauenden Kräfte im Knochenstoffwechsel bremsend einzuwirken. In Ausnahmefällen und bei schweren Verläufen mit multiplen Frakturen werden inzwischen Behandlungen mit Romosozumab (Evenity®) empfohlen, einem weiteren monoklonalen Antikörper, durch den der Knochenaufbau angeregt und der Knochenabbau gebremst werden soll.
Kalzium und Vitamin D als Lösung?
Zur Vorbeugung oder zur Behandlung einer Osteoporose werden heute in der Regel Vitamin D und Kalzium empfohlen, um den Knochen zu kalzifizieren und das Skelett zu festigen. Aufbauende Prozesse, die zum Beispiel durch Bewegung gefördert werden können, werden damit allerdings kaum unterstützt. Vitamin D ist (anders als der Name vermuten lässt) als ein Hormon einzustufen, dessen Synthese in der Haut unter Einfluss von Licht beginnt und die »Gestaltungskräfte« im Knochen fördert. Nehmen Menschen mit einer verminderten Knochendichte über längere Zeit Vitamin D ein, verringert sich das statistische Frakturrisiko, aber auch das Sturzrisiko geringfügig. Eine zusätzliche Kalziumeinnahme bei gesunder kalziumreicher Ernährung ist nicht erforderlich. Bei alleiniger Kalziumeinnahme wird die Gefahr des erhöhten Risikos einer Gefäßverkalkung diskutiert.
Risikofaktor Lebensstil?
Der Lebensstil spielt bei der Vorbeugung und der Therapie der Osteoporose eine große Rolle. Besonders wichtig ist Bewegung; am besten Gehen oder Wandern. Neben der Bewegung ist auch eine qualitativ hochwertige Ernährung im Kindesalter eine sinnvolle Prävention. Auch für Erwachsene gilt: Eine vollwertige biologische Kost mit genügend Kieselsäure (zum Beispiel in Hirse enthalten) ist eine wichtige präventive Maßnahme. Dagegen spielt die häufig empfohlene kalziumreiche Kost (Milchprodukte) im Erwachsenenalter wohl eine weniger wichtige Rolle. Belastend oder schädlich sind vor allem Nikotin, zu viel Alkohol und Kaffee sowie eine nitritreiche Ernährung (Fleisch, insbesondere Wurst). Als wichtigste Quelle für Vitamin D gilt nach wie vor Sonnenlicht, sodass Aufenthalte in der Sonne eine wichtige Form der Prophylaxe sind.
Möglichkeiten der Anthroposophischen Medizin
Das Therapiekonzept der Anthroposophischen Medizin schließt den Einsatz von Bisphosphonaten, Vitamin D und ggf. Kalzium nicht aus, sondern bezieht auf der Basis eines erweiterten Menschenbildes auch die leiblichen, seelischen und geistigen Dimensionen der Patientinnen und Patienten in eine differenzierte Therapieindikation mit ein. Gleichzeitig werden auch Fragen zu den organischen Anteilen des Knochens, zur notwendigen Mineralisation sowie die Zusammenhänge zwischen Knochenstruktur und seelisch-geistiger Individualität in das Behandlungskonzept integriert. Dabei besteht eine breitgestreute positive Erfahrung bei anthroposophischen Ärzt:innen sowohl mit den Medikamenten Agaricus comp./Phosphorus (Weleda) und Cerussit D8 (Weleda) bzw. Plumbum sil. D20 (Weleda) als auch mit Pyromorphit D8 (Weleda), um dadurch den gesunden Knochenstoffwechsel anzuregen, die erhaltenden Kräfte zu stärken und somit die Gefahren der osteoporotischen Frakturen zu vermindern. Neben entsprechenden Arzneimitteln der Anthroposophischen Medizin werden – je nach Indikation – die anthroposophische Physiotherapie (Rhythmische Massage nach Ita Wegman), Heileurythmie, künstlerische Therapien sowie
die Gesprächstherapie eingesetzt.
Welche Rolle spielen biografische Fragen?
Im Lebenslauf des Menschen stehen sich die Rachitis als Erkrankung im Kindesalter und die Osteoporose im fortgeschrittenen Alter polar gegenüber. Während die Rachitis Fragen des richtigen »Ankommens« in der Welt stellt, kann die Osteoporose auf Sinnfragen im späteren Biografieverlauf hindeuten: Habe ich noch echte Ziele? Was »hält« mich im Leben – im wahrsten Sinne des Wortes? Wie kann ich den Übergang in andere Lebenszusammenhänge bewältigen? Wie gehe ich zum Beispiel mit Sinnverlust, Leere oder Aussichtslosigkeit um? Oft geht es auch darum, dass sich ältere Menschen mit Umbrüchen in ihrem Leben auseinandersetzen und neue Perspektiven suchen. Auch vor
diesem Hintergrund wird deutlich, dass eine sinnvolle Osteoporose-Prophylaxe und -Therapie eben nicht nur die Knochendichte in den Mittelpunkt stellen sollten. Auch das seelische Erleben der Patientin/des Patienten (z. B. depressive Beschwerden) sollte berücksichtigt werden. Gleichzeitig gilt es, den erkrankten Menschen auch im individuellen Ringen um biografische Sinnfragen zu begleiten und zu unterstützen.
4. Aufl., Januar 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Dr. med. Matthias Girke, Innere Medizin, Diabetologie, Berlin
Dr. med. Michael Hübner, Orthopädie, Saarbrücken
Dr. med. Bart Maris, Gynäkologie, Krefeld
Dr. med. Stephan Melcop, Orthopädie, Berlin
Dr. med. Gabriela Stammer, Gynäkologie, Wennigsen
Literaturempfehlungen
Vademecum Anthroposophische Arzneimittel. 2 Bde. 4. Aufl. München: Verlag der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland; 2017.
Girke M. Innere Medizin. Grundlagen und therapeutische Konzepte der Anthroposophischen Medizin. Band 2. 3. Aufl. Berlin: Salumed Verlag; 2020.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Merkblatt-HPV-Impfung
Seit Ende 2006 steht die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) zur Verfügung, die vor Gebärmutterhalskrebs schützt. In den Medien wurde schon viel über die HPV-Infektion und die HPV-Impfung berichtet. Für eine abgewogene Entscheidung, ob eine Impfung für Sie oder Ihre Tochter / Ihren Sohn sinnvoll ist, kann es darüber hinaus hilfreich sein, einige weniger bekannte und auch kritische Aspekte zu berücksichtigen. Dieses Merkblatt möchte Sie dabei unterstützen.
Was sind humane Papillomaviren?
Die humanen Papillomaviren (HPV) bilden eine große Gruppe von weit über 100 verschiedenen Virustypen. Die meisten HPV-Typen sind ungefährlich. Sie können Erkrankungen an Haut oder Schleimhaut verursachen, etwa harmlose Warzen an Händen oder Füßen, die in den allermeisten Fällen innerhalb von zwei bis drei Jahren wieder verschwinden. Wiederum andere Virustypen können die verbreiteten Feigwarzen im Genitalbereich hervorrufen. Diese lassen sich, falls sie nicht spontan abheilen, mit Salben, Laser, Kältetherapie oder chirurgischen Maßnahmen behandeln. Eine gezielte antivirale Behandlung gibt es nicht. Die Übertragung der HP-Viren im Genitalbereich geschieht fast ausschließlich über sexuelle Kontakte. Der größte Teil der Bevölkerung wird im Laufe des Lebens mindestens einmal von HP-Viren besiedelt, sodass die HPV-Infektion als die am weitesten verbreitete sexuell übertragbare Infektion gilt. In ca. 80 % der Fälle ist eine HPV-Infektion vorübergehend und verschwindet innerhalb von zwei bis drei Jahren spontan ohne Symptome (1).
Bestimmte Faktoren wie ein spätes Erkrankungsalter, Rauchen, langjährige Einnahme der Pille, allgemeine Abwehrschwäche oder vaginale Infekte bei häufig wechselnden Sexualpartnern erschweren es dem Immunsystem, die HPV-Infektion zu überwinden.
Dysplasien und Gebärmutterhalskrebs
Eine Untergruppe von mindestens 12 HP-Virustypen kann fortschreitende Zellveränderungen (Dysplasien) am Muttermund bis hin zu Gebärmutterhalskrebs verursachen. Diese HPV werden als Hochrisikoviren bezeichnet. Je nach Schweregrad der Dysplasie heilen 30–60 % auch ohne Therapie im Laufe von ein bis drei Jahren wieder ab, bei unter 35-Jährigen sogar mehr (1). Viele Befunde ändern sich auch über viele Jahre nicht. Bei etwa 10 % der betroffenen Frauen kann aus den Zellveränderungen im Laufe von Jahren eine Krebsvorstufe entstehen (2).
Weniger als 1 von 100 Frauen, die mit einem Hochrisikotyp infiziert sind, erkrankt im Durchschnitt etwa 15 Jahre nach der Infektion an Gebärmutterhalskrebs (2). Geht man regelmäßig zur gynäkologischen Früherkennungsuntersuchung (»Krebsvorsorge«), sinkt das Risiko deutlich.
Da bei über 95 % der Frauen mit Gebärmutterhalskrebs eine Hochrisiko-HPV-Infektion vorliegt, ist ein ursächlicher Zusammenhang naheliegend. Andere, sehr seltene Spätkomplikationen einer HPV-Infektion sind Vulvakrebs, Peniskrebs, Analkrebs und einige seltene Krebsarten im Mund- und Rachenraum
Stellenwert der Früherkennung
Es gibt kaum eine Krebsart, die in der Früherkennung so gut diagnostiziert werden kann wie der Gebärmutterhalskrebs. Seit der Einführung der gynäkologischen Früherkennungsuntersuchung in Deutschland konnte die Häufigkeit der Erkrankung um 60–70 % gesenkt werden, obwohl nur rund die Hälfte der Frauen regelmäßig zur Untersuchung geht.
Mit Abstrichen von Gebärmutterhals und Muttermund lassen sich Infektionen mit dem HP-Virus, Zellveränderungen und Vorstadien von Gebärmutterhalskrebs erkennen. Bestätigt sich der Befund bei Kontrolluntersuchungen, ist die Entnahme einer Gewebeprobe (Biopsie) angezeigt.
Bei leichten bis mittelgradigen Zellveränderungen oder dem Nachweis der Virusinfektion ist eine regelmäßige Abstrichkontrolle, ggf. in einer Dysplasiesprechstunde, notwendig, um ein Fortschreiten zur Krebserkrankung nicht zu übersehen.
Bei hochgradigen Zellveränderungen oder bei Gebärmutterhalskrebs im Frühstadium führt eine operative Entfernung (Konisation) des veränderten Gewebes in aller Regel zur Heilung. Nur bei einem fortgeschrittenen Gebärmutterhalskrebs sind die Entfernung der Gebärmutter und weitere onkologische Maßnahmen unumgänglich.
Was kann die HPV-Impfung? Was kann sie nicht?
2006 kamen erste Impfstoffe gegen HPV auf den Markt und wurden sehr bald auch für alle Mädchen empfohlen. Es gibt derzeit zwei Impfstoffe, die in Deutschland zugelassen sind: Cervarix® gegen die Hochrisiko-HPV 16, 18 und Gardasil® 9 zusätzlich gegen die Hochrisiko-HPV 31, 33, 45, 52, 58 und gegen die Genitalwarzen auslösenden HPV-Typen 6, 11.
Ein Impfschutz gegen die genannten Viren lässt sich am wirkungsvollsten erzielen, wenn bis zum Zeitpunkt der Impfung noch keine Infektion mit den entsprechenden HPV erfolgt ist. Darum wird empfohlen, die Impfung noch vor dem üblichen Beginn des sexuell aktiven Lebens, also im Alter zwischen 9 und 14 Jahre, durchzuführen. Sie soll zweimal im Abstand von 6 Monaten, bei Impfbeginn nach dem 14. Geburtstag dreimal innerhalb eines Jahres durchgeführt werden. Langzeitstudien zur Dauer des Impfschutzes und Empfehlungen für Auffrischimpfungen liegen noch nicht vor.
In Deutschland wird seit 2018, ebenso wie schon länger in Österreich und der Schweiz, auch die Impfung aller 9- bis 14-jährigen Jungen empfohlen. Dies soll die sog. Herdenimmunität verbessern und vor einigen sehr seltenen Krebsformen an Penis und Anus schützen. Hier stellt sich die Frage, ob man sich bei einem Impfstoff, der durchaus risikobehaftet ist, aus den sozialen Gründen einer Herdenimmunität impfen lassen sollte, auch wenn der persönliche Nutzen eher gering ist.
Wie kann ich mich vor Gebärmutterhalskrebs schützen?
- Das Risiko einer Infektion mit HPV oder anderen sexuell übertragbaren Viren (z. B. Hepatitis-B-Virus, HIV) wird durch häufig wechselnde sexuelle Kontakte erhöht. Kondome bieten einen guten, aber keinen hundertprozentigen Schutz vor den am Muttermund einwirkenden Hochrisiko-HPV-Typen.
- Ob jemand nach dem Kontakt mit einem HP-Virus infiziert wird und ob die Infektion bestehen bleibt oder wieder ausheilt, hängt entscheidend von der Widerstandsfähigkeit es Organismus ab. Hierauf können alle selbst Einfluss nehmen, zum Beispiel durch eine verantwortungsbewusste Ernährung, einen gesunden Lebensrhythmus, Schlaf, Sport sowie das Vermeiden von Suchtverhalten, insbesondere Rauchen.
- Durch die übliche Krebsfrüherkennungsuntersuchung (Pap-Test) sind Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs fast immer rechtzeitig zu erkennen und lassen sich mit einem ambulanten Eingriff operativ entfernen. Auch HPV-Geimpfte sollten das Früherkennungsangebot wahrnehmen, denn die Impfstoffe Cervarix® und Gardasil® 9 schützen nur gegen die am häufigsten vorkommenden, aber nicht gegen alle Typen der Hochrisiko-HP-Viren, die mit Gebärmutterhalskrebs in Verbindung gebracht werden. Aktuelle Studien (3) ergaben, 14 Jahre nach Einführung der Impfung, dass nicht nur das Risiko höhergradiger Dysplasien deutlich reduziert wird, sondern auch das eigentliche Ziel der Impfung belegt werden kann: Das Risiko für Gebärmutterhalskrebs wird bei Geimpften um 63 % gesenkt, bei Frauen, die vor dem 17. Geburtstag geimpft wurden, sogar um 88 %, und bei denjenigen, die die Impfung zwischen dem 17. und 30. Lebensjahr erhielten, um 53 %. Es ist ungeklärt, ob dieser Unterschied mit dem Alter des ersten Geschlechtsverkehrs oder mit Besonderheiten des jüngeren Immunsystems zusammenhängt.
Nebenwirkungen
Als Begleiterscheinungen der Impfung können Fieber, Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Erbrechen und Gelenkschmerzen auftreten. Seltene schwerwiegende Ereignisse, die im Zusammenhang mit der Impfung gemeldet wurden, sind u. a. allergischer Schock, Lungenembolie, Eierstockversagen, chronisches Schmerzsyndrom sowie autoimmune und neurologische Erkrankungen.
Hintergründe zur Impfstoffentwicklung
Wie öfter bei der Markteinführung neuer Arzneimittel spielen auch Wirtschaftsinteressen eine Rolle. Bei der Zulassung der HPV-Impfung gab es einige Auseinandersetzungen innerhalb des sog. Cochrane-Netzwerks, welches die wissenschaftliche Verlässlichkeit von Zulassungsstudien bewertet. In der Folge wurden erhebliche Bedenken gegenüber den Zulassungsbehörden geäußert (4, 5)
Verschiedene Dimensionen des Impfentscheids
Seit 2020 liegt der Nachweis vor, dass das Gebärmutterhalskrebsrisiko durch die Impfung tatsächlich gesenkt werden kann, vor allem wenn sie früh erfolgt.
Welche weiteren Faktoren haben einen Einfluss auf die Senkung des Risikos für Gebärmutterhalskrebs? An erster Stelle steht hier die regelmäßige gynäkologische Untersuchung mit Abstrich und Mikroskopie der Scheidenflora. Weiter spielen der Lebensstil, das Sexualleben und die Verhütungsart eine große Rolle. Und schließlich ist die Gesundheit der Scheidenflora (vaginales Mikrobiom) von Bedeutung. Diese wird zum Beispiel stark beeinträchtigt durch die Pille oder häufige antibiotische Therapien.
Die genannten Aspekte sowie die noch offenen Fragen zeigen, dass die Impfentscheidung derzeit auch nach sorg - fältiger Abwägung von Nutzen und Risiken schwierig ist.
Die positive Botschaft von Eltern und Ärzt:innen an Jugendliche könnte lauten: »Wir möchten Dich unterstützen, Deine eigene Entscheidung zu treffen. Wir gehen davon aus, dass ein achtsamer Umgang mit den Themen der Lebensführung und der frauenärztlichen Krebsvorsorge eine wesentliche Grundlage bildet für die Verhütung von Gebärmutterhalskrebs. Ob eine HPV-Impfung hinzutreten soll, solltest Du möglichst selbst entscheiden.«
Die Urteilsbildung über die HPV-Impfung erscheint so - mit als pädagogische und medizinische Herausforderung. Suchen Sie dazu das Gespräch mit Ihrem Kind und gerne auch mit Frauen-, Kinder- und Hausärzt:innenu das Gespräch mit Ihrem Kind und gerne auch mit Frauen-, Kinder- und Hausärzt*innen.
9. Aufl., Juni 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Angelika Maaser, Frauenärztin, Berlin
Dr. med. Bart Maris, Frauenarzt, Krefeld
Dr. med. Christoph Meinecke, Kinder- und Jugendarzt, Berlin
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Dr. med. Gabriela Stammer, Frauenärztin, Wennigsen
Dr. med. univ. Marlene Weinzirl-Brandl, Frauenärztin, Basel (CH)
Literatur
- Leitlinienprogramm Onkologie. S3-Leitlinie Prävention des Zervixkarzinoms. Version 1. 1. März 2020. AWMF-Registernummer 015/027OL. www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/015-027OLl_Praevention_Zervixkarzinom_2020-03-verlaengert.pdf (20.05.2022).
- Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft. Krebsinformationsdienst. Humane Papillomviren: Ein Risiko für die Gesundheit? www.krebsinformationsdienst.de/service/iblatt/iblatt-hpv-allgemein.pdf (20.05.2022).
- Lei J, Ploner A, Elfstrom KM, et al. HPV vaccination and the risk of invasive cervical cancer. N Engl J Med 2020;383:1340– 1348.
- Hirte M. HPV-Impfung: Nutzen, Risiken und Alternativen der Gebärmutterhalskrebs-Vorsorge. München: Knaur MensSana; 2016.
- Götzsche P. Impfen – Für und Wider. Die Wahrheit über unsere Impfstoffe und ihre Zulassung. München: Riva Verlag; 2021.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Fluorid für die Zähne?
In Deutschland bekommen viele Säuglinge D-Fluoretten ® verabreicht, eine Kombination aus Fluorid und Vitamin D. Ab dem ersten Zahndurchbruch raten viele Zahnärzt:innen, mit Fluorid angereicherte Zahnpasta zu benutzen. Bei den zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen wird häufig mit hochdosiertem Fluorid-Gel behandelt. Darüber hinaus gibt es fluoridierte Zahnseide, fluoridhaltige Mundspüllösungen, fluoridiertes Speisesalz etc. Fluoridbehandlung soll der Vorbeugung von Karies (Zahnfäule) dienen. Art und Umfang sind jedoch auch in Fachkreisen umstritten.
Dient die Fluorid-Langzeitbehandlung wirklich Ihrer Gesundheit und der Ihres Kindes? Gibt es Nebenwirkungen oder Gegenanzeigen, die Sie kennen sollten, bevor Sie sich für eine solche Behandlung entscheiden? Was macht Fluorid eigentlich im Organismus und mit der Zahnsubstanz?
Als Zahn- und Kinderärzt:innen, die auf der Grundlage der Anthroposophischen Medizin arbeiten, möchten wir Sie über diese Fragen und Themen informieren.
Wir wissen und erleben, dass die menschlichen Zähne an Karies erkranken können. Sie bekommen dann Löcher, die – unbehandelt – schließlich zum Verlust des erkrankten Zahns führen. Für dieses Geschehen werden vor allem im Übermaß vorhandene Säuren verantwortlich gemacht, die u. a. bei der Zuckerverwertung durch mundständige Bakterien entstehen und den zahnschützenden, harten Zahnüberzug (Zahnschmelz) angreifen, ihn teilweise auflösen und zerstören können. Wo der Zahnschmelz und das darunter liegende Dentin (Zahnbein) aufgelöst und seine Strukturen zerfallen sind, entsteht das gefürchtete Zahnloch (Karies), welches sich im Regelfall kontinuierlich vergrößert, sodass der Zahn verfault.
Woraus bestehen die Zähne?
Die Zahnsubstanz besteht aus vielerlei mineralischen Stoffen und ist der Knochensubstanz sehr ähnlich. Der Hauptbestandteil ist ein Kalksalz, das Hydroxylapatit, eine komplexe Verbindung des phosphorsauren Kalks.
Das chemisch aktivste salzbildende Element ist Fluor. Der menschliche Stoffwechsel braucht die Salze dieses Spurenelements, damit das Knochengerüst eine ausreichende Festigkeit erlangt. Fluorid ist in Spuren in jedem Wasser und in allen natürlichen Nahrungsmitteln ausreichend enthalten und muss bei vernünftiger und ausgewogener Ernährung nicht zusätzlich zugeführt werden.
Das Kalziumphosphat der Zahnsubstanz enthält chemische Hydroxylgruppen. Durch diese ist es flexibel und kann seine Festigkeit verändern. Wo in ganz kleinen Mengen Fluorid eingelagert wird, heißt die Kalksubstanz dann Kalziumfluorid. Dieses ist fast unlöslich.
Es ist ein natürlicher Prozess, dass sich kontinuierlich Mineralien aus der Zahnoberfläche lösen und vom Speichel aufgenommen werden. Genauso werden unter guten Bedingungen Mineralien, die im Speichel enthalten sind, wieder in die Zahnoberfläche eingelagert und festigen diese (Remineralisation). Dies ist wie ein »Atemprozess«, der in nahezu allen lebenden Organen und Geweben stattfindet und immer ein Kennzeichen des Lebendigen ist.
Ist nun zusätzliches Fluorid im Speichel vorhanden, wird das gelöste Kalziumphosphat verändert: Fluoride verdrängen aufgrund ihres extremen Reaktionsvermögens das Phosphat von dem Kalzium, sodass sich anstelle von Kalziumphosphat nun das fast unlösliche Kalziumfluorid in die Zahnoberfläche einlagert. Der Zahnschmelz kann deshalb nicht mehr ausreichend an dem beschriebenen natürlichen Prozess des Lösens und Wiederbefestigens teilnehmen. Er verliert dadurch seine Flexibilität, wird starr, unbeweglich und spröde.
Warum, wo und wie schützt Fluorid vor Karies?
In den Sechzigerjahren fand man in Experimenten heraus, dass zusätzlich in den menschlichen Organismus eingeführtes Fluorid (Natriumfluorid, Zinnfluorid, später Aminfluorid) dazu führt, dass sich, bedingt durch die extreme Reaktionsfreudigkeit des Fluor-Elements, im Bereich der Knochen- und Zahnbildung immer mehr Fluorapatit bildet. Die chemische Reaktion sollte der künstlichen Festigung der Zahnsubstanz dienen. Allerdings verfestigt sich hierdurch die Kalksubstanz in Knochen und Zähnen immer mehr – ein Prozess, der grundsätzlich Alterung und Rückzug des lebendigen Stoffwechsels bedeutet. Was in Knochen und Zähnen (dem menschlichen Kalkgerüst) im Laufe eines langen Lebens auf natürlichem Wege stattfindet – nämlich Verdichtung, Alterung, Verhärtung, Schwinden der Elastizität –, geschieht bei zusätzlicher Gabe von Fluoriden bereits im frühesten Kindesalter. Inzwischen zeigen zahlreiche internationale Studien einen Zusammenhang zwischen der Fluoridierung des Trinkwassers (die in Deutschland nicht erfolgt) und negativen Auswirkungen auf das Knochensystem, die Schilddrüsenfunktion und das Nervensystem, einhergehend mit einer Verringerung des Intelligenz-Quotienten (IQ) und möglicherweise auch mit einer Zunahme des Aufmerksamkeitsdefizitsyndroms. Für die Anwendung von fluoridierter Zahncreme ist dies bisher noch nicht näher untersucht. Die Lebendigkeit und damit die Anpassungsfähigkeit des kindlichen Organismus werden jedoch durch die Einnahme künstlicher Fluoride möglicherweise gehemmt, mit Auswirkungen bis in die Denk- und Lernfähigkeit hinein. Zudem wirken Fluoride auch hemmend auf Stoffwechselprozesse, bei denen z. B. Magnesium eine Rolle spielt, was sich gerade in der Zeit, in der das Kind wachsen, sich entfalten und gedeihen sollte, ungünstig auswirkt.
Die kinderärztlichen Fachgesellschaften und die wissenschaftlichen Fachgesellschaften der Zahnheilkunde in Deutschland, die bisher unterschiedliche Vorgehensweisen beim Fluoridieren empfohlen hatten (Kinderärzte systemische Fluoridierung in Form von Tabletten, Zahnärzte lokale Fluoridierung mittels Zahnpasta), haben sich im April 2021 mittels Konsentprinzip auf ein gemeinsames Konzept der Fluoridierungsempfehlungen geeinigt. Unter diesen neuen Empfehlungen, die u. a. in den ersten Lebensmonaten orale Fluoridgaben vorsehen, würden die Kinder systemisch oder lokal mehr Fluorid verabreicht bekommen, als zuvor empfohlen war. Sie sind nachzulesen bei der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (www.dgkiz.de).
Unter Fachleuten besteht Konsens, dass Karies keine Fluoridmangelerkrankung ist. Bei der Zahnfluoridierung handelt es sich also nicht um eine medizinisch notwendige Maßnahme, sondern um die Anregung von Verfestigungsprozessen zur Reduzierung von Karies, die jedoch weitgehend irreversibel sind und die lebendige Wechselwirkung aussperren.
Kann eine Zahnfluoridierung schädlich sein?
Wieso wird die Zahnschmelz-Fluoridierung heute trotzdem als Goldstandard der Kariesprophylaxe angesehen? Dies hängt damit zusammen, dass Fluoride nachweislich dem Zahnverfall durch Karies entgegenwirken. Fluoridierung der Zähne ist ein medikamentöser Eingriff mit kariesunterdrückender Wirkung, aber auch erheblichen Nebenwirkungen. Üblicherweise wird der Zahnschmelz (der harte, im Mund sichtbare Überzug über der Zahnkrone) als »biologisch tot« angesehen. Die schmelzbildenden Zellen sind lange vor dem Durchbruch des Zahns in die Mundhöhle für immer abgestorben. Bedingt durch diese Tatsache kann sich Zahnschmelz nach seiner Entstehung nie mehr biologisch reproduzieren bzw. nachbilden. Dies ist eine für das menschliche Gewebe einmalige Situation. Wenn man meint, dass dieser biologisch tote Schmelz künstlich »verbessert« werden könnte, indem »stabileres« Kalziumfluorid eingelagert wird, wird man dem menschlichen Wesen jedoch nicht gerecht. Hierdurch wird der »Mineralien-Atemprozess« der Zahnoberfläche reduziert bzw. blockiert. Es ist der Mensch selbst, der nicht nur als leibliches, sondern auch seelisch-geistiges Wesen ununterbrochen den vermeintlich toten Zahnschmelz wieder »verlebendigt« und wieder in den menschlichen Stoffwechselkreislauf einbringt. Der Speichel ist hier der Vermittler. Das Säure-Basen-Geschehen entscheidet über die Intensität der De- und Remineralisation. Diese Situation wiederum ist direkt vom aktuellen Gefühls- und Bewusstseinszustand abhängig. Je nach geistiger Betätigung oder gefühlsmäßigem Engagement ist unsere Säure-Basen-Situation im Mundmilieu zu jeder Zeit anders und gestaltet damit den Mineralien-Atemprozess an der Zahnoberfläche. Dies ist eine Art »Lebendigkeit höherer Art«, die über die rein biologische Reproduktion von Zellen hinausgeht und für den Menschen einzigartig ist.
Entscheidend für die Beurteilung der Fluoridanwendung an den Zähnen ist ein Verständnis der Kariesentstehung. Diese wird durch Umstände gefördert, die den gesamten menschlichen Organismus betreffen. Es ist heute wissenschaftlicher Konsens, dass Karies ein multifaktorielles Geschehen ist. Die Einmaligkeit eines jeden Menschen bedingt, dass jeweils verschiedene Zähne zu verschiedenen Zeiten betroffen sein können. Der Zustand der Zähne gibt auch Hinweise auf die gesamte gesundheitliche Situation des Menschen. Die Zahnfluoridierung kaschiert zunächst vordergründig diese Tatsachen. Wir nehmen an, dass die Fluoridierung des Gebisses, durch die die De- und Remineralisation reduziert werden, negative Rückwirkungen auf den gesamten menschlichen Kalkstoffwechsel hat. Aus ganzheitlichen Erkenntnissen heraus wissen wir, dass sich alles, was am Körper des Menschen getan wird, auch auf seine seelische und geistige Wesenheit auswirkt. Kleinkinder und heranwachsende Jugendliche befinden sich ganz besonders in sensiblen Entwicklungsphasen, in denen nichts statisch und vollendet ist, sondern Lebendigkeit und Anpassungsfähigkeit gefragt sind. Zu Freiheit und Verantwortungsbewusstsein kann sich der Mensch nur entwickeln, wenn er sich lebendig und anpassungsfähig hält. Dem scheint ein Eingreifen in Form von zusätzlicher, künstlicher Fluoridierung eher entgegenzuwirken.
Die Gefahr der Überdosierung besteht heute mehr denn je, weil es inzwischen ein großes Überangebot an künstlichen Fluoridquellen gibt: Zahncremes, Mundspüllösungen, Zahnseide, Zahnstocher, Zahnlacke, Speisesalz, Erfrischungsgetränke, Füllungsmaterialien und in manchen Gegenden dieser Erde mit Fluoriden angereichertes Trinkwasser.
Der menschliche Körper braucht Fluoride für seine gesunde Entwicklung lediglich in Spuren. Daher ist eine Überdosierung schnell erreicht. Diese kann in der Zeit der Bildung der bleibenden Zahnkronen (mit Ausnahme der Weisheitszähne, die sich etwas später mineralisieren) im kindlichen Kieferknochen in der Regel vom 1. bis zum 7. Lebensjahr dazu führen, dass die schmelzbildenden Zellen in ihrer Funktion gestört werden. Das äußerlich sichtbare Ergebnis sind irreversible Zahnschmelzschäden, also Schmelzaufbaustörungen, die von weißen oder braunen Flecken an der Zahnoberfläche bis zum völligen Fehlen großer Schmelzareale reichen können (Fluorose). Die zurzeit gültige Empfehlung für die maximale tägliche Gesamtfluoridzufuhr (im Sinne einer zusätzlichen Fluoridierung) liegt für Kinder bei 0,25–0,5 mg, die für Erwachsene bei 1,0–1,4 mg. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass auch die Abwässer zunehmend mit diesen Stoffen belastet werden, die auf natürlichem Wege nicht abbaubar sind.
Daher ist es für die Erwägung einer Zahnfluoridierung grundsätzlich unabdingbar, eine Fluoridanamnese (d. h. eine sorgfältige Überprüfung sämtlicher möglicher Fluoridquellen wie z. B. Trinkwasser, Ernährung und Umwelt) durchzuführen, auch wenn sich dies im praktischen Leben sehr schwierig gestaltet. Der aktuelle Fluoridgehalt des Trinkwassers ist bei den städtischen Wasserversorgungsunternehmen zu erfragen.
Angst ist ein schlechter Ratgeber – Empfehlungen für gesunde Zähne
Die Gesundheit der Zähne ist von vielen verschiedenen Faktoren abhängig. Es macht also Sinn, auf den verschiedensten Ebenen des Lebens aufmerksam zu sein oder zu werden und sich entsprechend zu verhalten. Bereits im frühen Kindesalter sollte eine gesunde Mundhygiene gelernt und praktiziert werden. Es ist wichtig, ab dem ersten Zahn regelmäßig zweimal täglich die Zähne zu putzen, besonders gründlich abends. Dabei kommt es vor allem auf die mechanische Entfernung des vorhandenen Zahnbelags an. Hierzu eignen sich entsprechende Zahnpflege-Fingerlinge oder weiche Noppenzahnbürsten für die ganz kleinen Kinder. Zahnpasta ist im 1. Lebensjahr unnötig. Ab dem 2. Lebensjahr können natürliche Produkte verwendet werden. Es steht eine Vielzahl naturbelassener Pflegemittel zur Verfügung. Fluoridfreie Zahnpasten mit künstlichem Zahnschmelz (z. B. BioHAP/nanokristallines Hydroxylapatit) können gemäß den Aussagen der Hersteller das Auftreten von Karies mindern. Die tatsächliche Wirkung ist aber noch zu wenig erforscht, um den Einsatz zu befürworten, zumal hier Nanopartikel zum Einsatz kommen.
Die Ernährung hat wesentlichen Einfluss auf die Zahngesundheit. Es gilt abwechslungsreiche und möglichst unbelastete Nahrungsmittel (z. B. Demeter-Produkte) zu sich zu nehmen. Gutes und sorgfältiges Kauen (z. B. einer rohen Möhre) stärkt die Zähne. Milchprodukte sind für die Zähne gut, Zucker in den verschiedensten Formen (wegen der intensiven Säurebildung) eher schädlich. In der alltäglichen Ernährung hat der Zuckerkonsum in den letzten Jahr - zehnten extrem zugenommen. Fast jedes verarbeitete Lebensmittel enthält heute künstlich zugesetzten Zucker. Am allerschädlichsten sind die pausenlosen »Schleckereien«. Der Mund braucht regelmäßig Essenspausen, in denen der Speichel die Säure abbauen kann. Süßes sollte wenn, dann nur im Anschluss an die Hauptmahlzeiten gegessen werden und nicht zwischendurch. Dies schützt nicht nur vor Karies, sondern auch vor Übergewicht. Ständiges Trinken aus Nuckelflaschen – was sich mittlerweile durch alle Altersgruppen zieht – fördert Karies, da der neutralisierende Speichel ständig weggespült wird. Trinken sollte geschmacksneutral sein, Saftschorlen und zuckerhaltige Getränke sollten vermieden werden. Auf den Speisezettel gehört täglich auch frische Rohkost (Gemüse und Obst). Dies schützt nicht nur vor Karies, sondern auch vor anderen Erkrankungen.
Wie die im Merkblatt dargestellten Zusammenhänge zeigen, ist von einer prophylaktischen Fluoridgabe mit Tabletten abzuraten. Auch die Anwendung fluoridierter Zahncreme kann nicht generell empfohlen werden. Kariesprävention gelingt sehr erfolgreich durch gesunde Lebensführung und pädagogische Maßnahmen. Bei einem starken Kariesbefall kann in Absprache mit Ihrem Zahnarzt / Ihrer Zahnärztin auch die lokale Anwendung von Fluoriden z. B. mittels Zahncreme eingesetzt werden, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft sind oder nicht umgesetzt werden können. Die Anthroposophische Medizin kennt vielfältige medikamentöse Hilfestellungen für die verschiedensten Schwachpunkte im Zahn-, Mund- und Kieferbereich. Ihre anthroposophischen Haus- und Zahnärzt:innen stehen Ihnen hier gern bei Fragen zur Seite! Regelmäßige zahnärztliche Kontrollbesuche dienen der Vergegenwärtigung der aktuellen Zahnsituation und geben überdies Aufschluss über Ihren allgemeinen Gesundheitszustand. Entwickeln Sie ein Interesse an Ihren Zähnen und dem Zusammen - hang dieser mit dem Gesamtorganismus, wird die Angst weichen und sich in eine positiv wirkende Zuwendung verwandeln.
6. Aufl., Mai 2022
Dieses Merkblatt können Sie gegen eine geringe Druckgebühr bei der GAÄD-Geschäftsstelle bestellen.
Autoren
Dr. med. Christoph Meinecke, Kinder- und Jugendarzt, Berlin
Reinhard Menzel, Zahnarzt, Freiburg i. Br.
Sebnem Philippsen, Zahnärztin, Berlin
Dr. med. Roman Pönisch, Zahnarzt, Dresden
Georg Soldner, Kinder- und Jugendarzt, München
Literatur
Der Merkurstab – Zeitschrift für Anthroposophische Medizin Ausgabe 2/2015 Zahnmedizin Themenschwerpunktheft. www.merkurstab.de.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
Wie können wir Gesundheit fördern?
Zum Umgang mit der Corona-Pandemie in Schulen und Kindergärten
Arbeitskreis anthroposophischer Schul- und Kindergartenärzte
Die Corona-Pandemie stellt uns weltweit vor ganz neue Herausforderungen (1). In kurzen Abständen bekommen Kindergärten, Schulen und Arztpraxen neue Informationen, wie im Einzelfall vorzugehen ist. Diese sind weiterhin bundesländerspezifisch, kommen teilweise sehr spät und kosten in der Umsetzung sehr viel Mühe. Auch die Waldorfeinrichtungen müssen sich an diese offiziellen Regelungen halten.
Allerdings gibt es keinen Grund, dass diese Regelungen unser Schul- und Kindergartenleben allein bestimmen. Es gehört wesentlich zur Identität und Methodik der Waldorfpädagogik, dass Kindertageseinrichtung und Schule Orte gesunder Entwicklung sind, und das gilt mit Nachdruck auch in Zeiten von COVID-19 (2). Entscheidend für Kinder und Jugendliche bleibt die gelebte Haltung der Erwachsenen: dass sie Wärme, Vertrauen und Kompetenz vorleben. Deshalb möchten wir im Sinne einer konkreten pädagogisch-medizinischen Zusammenarbeit ergänzend präventive Maßnahmen und konkrete Empfehlungen zur Stärkung der Gesundheit und zum Umgang mit akuten Infektionskrankheiten darstellen.
Die Kinder haben einerseits ein Recht auf Bildung und staatliche Fürsorge. Gleichzeitig müssen die Einrichtungen dafür Sorge tragen, dass alle Beteiligten möglichst gut geschützt werden.
Ansteckungsgefahr
Inzwischen wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen, dass Kinder unter 10 Jahren nur in seltensten Fällen schwer erkranken, und vor allem, dass sie auch als Ansteckungsquelle keine relevante Gefahr für ihre Umgebung darstellen (3–7).
Maskenpflicht und Abstandsregelung
Die seelische und körperliche Belastung, die damit einhergeht, wiegt in diesem Alter (unter 10 Jahren) schwerer als der allenfalls marginale Nutzen.
Gerade für die jungen Kinder sind Betreuung und Unterricht ohne Nähe und körperlichen Kontakt der Kinder zu ErzieherIn und LehrerIn nicht mit einer gesundenden Pädagogik in Einklang zu bringen. Insofern kann auch die Abstandsregel in diesem Alter nicht eingehalten werden, ohne dass die Gefahr besteht, die Entwicklung der Kinder nachhaltig zu stören. Entsprechend halten wir das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes bei Kindern bis zum Alter von 10 Jahren generell nicht für sinnvoll. Wo dies dennoch Vorschrift ist, lohnt es sich, diese mit Blick auf die dafür fehlende medizinische Evidenz für das Kindesalter im Dialog mit den zuständigen Kultusministerien infrage zu stellen. Die ständig wechselnden Vorschriften bieten hier auch die Chance einer Flexibilität und Veränderbarkeit derselben, die wir aus der Vergangenheit so nicht kennen.
Für die älteren Kinder und Jugendlichen gelten bzgl. der Ansteckung durch COVID-19 nach bisherigem Kenntnisstand weitgehend die Zahlen und Fakten wie für Erwachsene. Allerdings erkranken auch sie nur in Ausnahmefällen wirklich schwer.
Vorbeugende Maßnahmen zur Unterstützung des Immunsystems
Die Tage werden kürzer, draußen wird es schnell kälter und endlich regnet es auch wieder mehr. Was für die Natur so dringend erwartet wurde, verstärkt für uns Menschen die Sorge und das Gefühl der Bedrohung. Viele Monate konnten die Kinder und auch wir Erwachsenen einen großen Teil unserer Zeit draußen an der frischen Luft verbringen. Wir konnten uns bewegen, Sonnenlicht tanken und uns an der Natur freuen. Für viele Familien war die Zeit des Lockdowns daher sogar eine besonders innige und gute gemeinsame Zeit.
Jetzt sind wir ganz neu gefordert: In den Klassenräumen wird intensiv gelüftet, um die Ansteckung durch Aerosole zu reduzieren. Dadurch besteht in den Räumen Zugluft und damit eine erhöhte Erkältungsgefahr. Der beste Schutz dagegen ist eine entsprechend warme Kleidung, am besten in mehreren Schichten und aus Wolle. Diese hat im Gegensatz zur Baumwolle den großen Vorteil, dass sie angenehm wärmt und auch noch warm bleibt, wenn sie nass geworden ist. Innerlich durchwärmend sind ein warmer Tee und vielleicht ein warmes Porridge zum Frühstück und, trotz coronabedingter schwieriger Essenssituationen, unbedingt ein warmes Mittagessen, auch in der Einrichtung.
Blickt man unter diesem Wärme-Gesichtspunkt auch auf die Pflege des Seelischen, so ist es besonders auffällig, wie sehr durch die Corona-Vorschriften Kälteprozesse in unsere Pädagogik Einzug gehalten haben. Viele Schüler und Schülerinnen sitzen aktuell täglich sehr viel länger vor dem Bildschirm als vor dem Lockdown, dabei sehr oft auch allein. Nähe und Zuwendung sind bei vielen auf den engsten Familienkreis beschränkt. Gemeinsames religiöses Leben, große Feste mit Musik, Tanz und Lebensfreude dürfen nur eingeschränkt stattfinden. Vor allem Singen und aktives Musizieren in größeren Gruppen sind eingeschränkt.
Wir sind also aufgerufen, neue Formen zu entwickeln, wie die Kinder äußerlich und innerlich durchwärmt werden können. Von medizinischer Seite gibt es dazu abendliche Öleinreibungen, z. B. mit Schlehen- oder Malvenöl, warme Lavendelöl-Fußbäder am Abend, am besten verbunden mit dem Vorlesen einer Geschichte, eventuell sogar Öldispersionsbäder, außerdem spezielle Übungen aus der Heileurythmie. Auch sollte man nicht vergessen, dass man in geeigneter Kleidung auch bei Kälte und Wind gut rausgehen und sogar eindrucksvolle Wanderungen unternehmen kann.
In Bezug auf die Ernährung ist es jetzt besonders wichtig, dass viel gemeinsam geerntet, gebacken und gekocht wird. Dadurch entsteht eine warme, tätige Atmosphäre. Da dies in der Schule durch die Hygienevorschriften zurzeit nicht überall möglich ist, kann es stattdessen zu Hause eine willkommene Alternative zum Bildschirm sein. Ein warmer Ingwertee mit Honig, Bratäpfel und heiße Maroni passen gut in die Jahreszeit und verbinden gemeinsames Tun und leckeres Essen. Interessant dabei ist, dass die Äpfel und Weintrauben, die uns der lange Sommer dieses Jahr gebracht hat, ausgesprochen süß sind – wie ein besonderes Geschenk der Natur an uns.
Ein Heilmittel direkt aus der Natur, das bei Infekten im Mund-Rachenraum sowie zur Prophylaxe von Erkältungsinfekten aller Art hervorragend angewendet werden kann, ist die Propolis, ein antibiotisch wirkendendes Bienenharz, mit dem die Bienen ihren Stock vor Eindringlingen schützen, und das direkt beim Imker erworben werden kann.
Zur Pflege der Lebenskräfte insgesamt sind ein gesunder Rhythmus und ausreichender Schlaf von allergrößtem Wert. Das gilt am stärksten für die Kleinsten, aber auch die Erwachsenen profitieren sehr davon. Viele Schüler vor allem der Mittel- und Oberstufen haben gerade dieses Element, dass ihr Alltag durch den Schulbesuch strukturiert und rhythmisiert wurde, während des Lockdowns schmerzlich vermisst.
Wer zurzeit erkrankt, sei es an COVID-19 oder auch an anderen Infekten, sollte ausreichend lange zuhause bleiben. Erst nach einer guten Rekonvaleszenz ist das Immunsystem wieder in der Lage, sich mit neuen Infekten auseinanderzusetzen. Bei beginnenden Erkältungssymptomen hilft ein aufsteigendes Fußbad. Weitere Anregungen aus der Anthroposophischen Medizin sind im Internet einsehbar. Eine ausführliche Darstellung zu COVID-19 mit therapeutischen Konzepten findet sich in einem Merkurstabbeitrag von Georg Soldner und Thomas Breitkreuz (8) oder auf https://www.anthromedics.org/PRA-0939-DE.
An äußeren Anwendungen sind Brusteinreibungen mit Bronchialbalsam, Lavendelöl-Brustwickel und bei feuchtem Rasselhusten eventuell auch warme Quarkauflagen auf die Brust hilfreich und für die Kinder meist sehr angenehm.
Speziell bei COVID-Erkrankungen haben sich ergänzend zur ärztlichen Behandlung warme Schafgarben-Lungenwickel bewährt. Insgesamt gilt es, beim Auftreten von Fieber den Wärmeorganismus zu pflegen und fiebersenkende Maßnahmen möglichst zu vermeiden. Anleitungen zu den beschriebenen äußeren Anwendungen findet man auf der Seite www.vademecum.org unter „Vademecum Äußere Anwendungen“. Diese können auch ohne ärztliche Verordnung von medizinischen Laien angewendet werden.
Für die seelische Gesundheit haben wir an den Waldorfeinrichtungen besonders wirksame Hilfen: So kennen wir alle die Bedeutung des Geschichtenerzählens oder -vorlesens, vor allem morgens im Kerzenlicht, wenn es noch dämmrig ist. In der Klasse entstehen dadurch Wärme, Geborgenheit und ein Gemeinschaftsgefühl. Die Kinder können in die Geschichte eintauchen und zur Ruhe kommen.
Kunst, Musik, Handwerk, Handarbeit, Religion und Eurythmie sollten eigentlich zurzeit unsere „Haupt“-fächer sein – sind sie es doch, die wir als das stärkste Gegenmittel gegen die rasant zunehmende Intellektualisierung der Kinder erleben können. Dass speziell das aktive Musizieren durch die Corona-Regeln so stark eingeschränkt ist, stellt dabei eine besondere Herausforderung dar. Wenigstens in kleinen Ensembles gemeinsam zu musizieren und im Unterricht die Lieder zu Michaeli, St. Martin und zum Advent zu summen, sollten wir weiterhin versuchen.
Ein letztes großes Thema betrifft uns Erwachsene selbst: Es ist der Umgang mit unserer eigenen Angst, die durch die täglichen Nachrichten womöglich befeuert wird. Die Kinder spüren, ob wir Erwachsenen Angst haben und wie wir damit umgehen. Sie orientieren sich an der Haltung, die sie an uns erleben. Daher ist es jetzt entscheidend, dass von uns eine Haltung der Wärme und des Vertrauens ausgeht, die in den Kindern selbst Mut und Zuversicht stärkt. Könnten wir diese Haltung gerade jetzt als unsere Aufgabe sehen?
1. Aufl., 14. Oktober 2020
Autoren
Für den Arbeitskreis anthroposophischer Schul- und Kindergartenärzte:
Dr. med. Renate Karutz
Dr. med. Ulrike Lorenz
Prof. Dr. med. David Martin
Dr. med. Bettina Pump
Dr. med. Martina Schmidt
Dr. med. Silke Schwarz
Georg Soldner
Literatur
- Hurter U, Wittich J. Perspektiven und Initiativen zur Coronazeit. Dornach: Verlag am Gotheanum; 2020.
- Glöckler M. Kita, Kindergarten und Schule als Orte gesunder Entwicklung. Erfahrungen und Perspektiven aus der Waldorfpädagogik für die Erziehung im 21. Jahrhundert. Stuttgart: Pädagogische Forschungsstelle; 2. überarb. Auflage 2020.
- Macartney K, Quinn HE, Pillsbury AJ et al. Transmission of SARS-CoV-2 in Australian educational settings: a prospective cohort study. Lancet Child Adolesc Health 2020.
DOI: https://doi.org/10.1016/S2352-4642(20)30251-0. - Ladhani SN, Amin-Chowdhury Z, Davies HG et al. COVID-19 in children: analysis of the first pandemic peak in England. Arch Dis Child 2020;0:1–6.
DOI: https://doi.org/10.1136/archdischild-2020-320042. - Wood R, Thomson EC, Galbraith R et al. Sharing a household with children and risk of COVID-19: a study of over 300,000 adults living in healthcare worker households in Scotland. Preprint medRxiv 2020.
DOI: https://doi.org/10.1101/2020.09.21.20196428. - Schwarz S, Jenetzky E, Krafft H et al. Corona bei Kindern (Co-Ki) Studie: Relevanz von SARS-CoV-2 in der ambulanten pädiatrischen Versorgung in Deutschland. Monatsschr Kinderheilkd 2020 (im Druck).
Siehe auch https://co-ki.de/literatur. - Technische Universität Dresden. Immunisierungsgrad geringer als erwartet – Schulen haben sich nicht zu Hotspots entwickelt. Pressemitteilung 13. Juli 2020.
Verfügbar unter https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/news/immunisierungsgrad-geringer-als-erwartet-schulen-haben-sich-nicht-zu-hotspots-entwickelt. - Soldner G, Breitkreuz T. COVID-19. Der Merkurstab 2020;73(4):225–234.
DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-21241-DE.
Herausgeber
Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V. (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
www.gaed.de | info@gaed.de
Freie Hochschule für Geisteswissenschaft
Medizinische Sektion
Postfach
4143 Dornach
Schweiz
https://medsektion-goetheanum.org/anthroposophische-medizin | info@medsektion-goetheanum.ch
Unter www.co-ki-masken.de können Sie als Eltern, PädagogInnen und ÄrztInnen Ihre Beobachtungen zum Mund-Nasen-Schutz (Maske) bei einzelnen Kindern dokumentieren. Diese Studie wurde von Dr. med. Silke Schwarz und Prof. Dr. med. David Martin (beide Universität Witten/Herdecke) initiiert als Teil des Corona-bei-Kindern (Co-Ki) Studienkomplexes.
How can we promote health?
Dealing with the corona pandemic in schools and kindergartens
Working group of anthroposophic school and kindergarten physicians (from the Association of Anthroposophical Doctors in Germany)
The corona pandemic presents us with completely new challenges worldwide (1). At short intervals, kindergartens, schools and doctors' offices receive new information on how to proceed in individual cases. This information is still specific to each federal state in Germany; it sometimes comes very late and costs a lot of effort to implement. Waldorf institutions must also adhere to these official regulations.
However, there is no reason for these regulations alone to determine our life in school and kindergarten. It is an essential part of the identity and methodology of Waldorf Education that child care facilities and schools are places of healthy development, and this applies emphatically even in the times of COVID-19 (2). The decisive factor for children and adolescents remains the lived attitude of adults: that they exemplify warmth, trust and competence. Therefore we would like to present additional preventive measures and concrete recommendations for strengthening health and dealing with acute infectious diseases in the sense of a concrete pedagogical-medical cooperation.
Children have a right to education and care. At the same time, institutions must ensure that all those involved are protected as well as possible.
Risk of infection
In the meantime, numerous studies have shown that children under 10 years of age rarely fall seriously ill, and above all that they do not pose a relevant risk to their environment even as a source of infection (3–7).
Mask requirements and distance regulation
At this age (under 10 years of age), the mental and physical stress involved outweighs any possible marginal benefits.
Especially for young children, care and teaching without physical proximity and between children and early childhood educators or teachers cannot be reconciled with a healthy pedagogy. In this respect, the distance rule cannot be observed at this age without the risk of lastingly disturbing the children's development. Accordingly, we do not consider the wearing of a mouth and nose protector for children up to the age of 10 years to be reasonable. Where this is nevertheless a regulation, it is worth questioning it in dialogue with the responsible governmental authorities in view of the lack of medical evidence for this. Constantly changing regulations also offer the possibility of flexibility and changeability which were not evident in the past
For older children and adolescents, the facts and figures regarding COVID-19 infection are largely the same as for adults. However, they too only fall seriously ill in exceptional cases.
Preventive measures to support the immune system
The days are getting shorter, outside it gets colder quickly and finally it is raining again more often. What was so urgently needed for nature, intensifies the worry and the feeling of threat for us humans. For many months the children and also we adults could spend a large part of our time outside in the fresh air. We were able to move around, get some sunlight and enjoy nature. For many families, the time of the lockdown was therefore even a particularly intimate and good time together.
Now we are challenged all over again: The classrooms are ventilated intensively to reduce aerosol contamination. As a result, there is a draft in the rooms and thus an increased risk of catching colds. The best protection against this is appropriately warm clothing, preferably in several layers and made of wool. In contrast to cotton, this has the great advantage that it is pleasantly warm and stays warm even when wet. Warm tea and perhaps warm porridge for breakfast and, despite corona-related difficult eating situations, a warm lunch is essential, also in kindergarten and school.
If we also look at the care of the soul from the point of view of warmth, it is particularly noticeable how much the corona regulations have brought cold processes into our pedagogy. Many students are currently sitting in front of the screen much longer every day than before the lockdown, often alone. For many of them, closeness and affection are limited to the immediate family circle. Shared religious life, big celebrations with music, dance and joy of life may only take place to a limited extent. Especially singing and actively making music in larger groups are restricted.
We are therefore called upon to develop new ways of warming up the children both externally and internally. On the medical side, there are oil rubs in the evening, e.g. with blackthorn or mallow oil, warm lavender oil foot baths in the evening, preferably combined with the reading of a story, possibly even oil dispersion baths, and special therapeutic eurythmy exercises. We should also not forget that in suitable clothing we can go out in the cold and wind and even go on impressive hikes.
As far as nutrition is concerned, it is now especially important to harvest, bake and cook a lot together. This creates a warm, active atmosphere. Since this is not possible everywhere at school at the moment due to hygiene regulations, it can instead be a welcome alternative to the computer screen at home. Warm ginger tea with honey, baked apples and hot chestnuts fit in well with the season and combine doing things together with delicious food. It is interesting to note that the apples and grapes that the long summer has brought us this year are extremely sweet - like a special gift of nature to us.
An excellent remedy directly from nature, which can be used for infections in the mouth and throat area as well as for the prevention of all kinds of colds and infections, is propolis, an antibiotic bee resin with which the bees protect their hive from intruders, and which can be purchased directly from the beekeeper.
For the care of the life forces altogether a healthy rhythm and sufficient sleep are of all greatest value. This applies most strongly to the smallest children, but adults also benefit greatly from it. During the lockdown many students, especially in the middle and upper classes, painfully missed that their everyday life was structured and rhythmicized by attending school.
Anyone who is currently ill, be it from COVID-19 or other infections, should stay at home for a sufficiently long time. Only after a good convalescence is the immune system able to deal with new infections. A footbath with increasing warmth helps with beginning cold symptoms. Further suggestions from anthroposophic medicine can be found on the Internet. A detailed presentation of COVID-19 with therapeutic concepts can be found in a contribution by Georg Soldner and Thomas Breitkreuz (8) or at https://www.anthromedics.org/PRA-0939-EN.
For external applications, chest rubs with bronchial balsam, lavender oil chest compresses and, in the case of a damp rattling cough, possibly also warm quark compresses on the chest are helpful and usually very pleasant for children.
Especially in the case of COVID diseases, warm yarrow compresses for the lungs have proven to be very effective in addition to medical treatment. In general, it is important to take care of the warmth organism when fever occurs and to avoid fever-reducing measures as far as possible. Instructions for the external applications described here can be found on the website www.vademecum.org under "Vademecum of External Applications". These can also be used by non-medical practitioners without a doctor's prescription.
For mental health we have particularly effective aids in Waldorf institutions: we all know the importance of storytelling or reading stories, especially by candlelight in the early morning. In class, this creates warmth, security and a sense of community. The children can immerse themselves in the story and come to rest.
Art, music, handicrafts, handwork, religion and eurythmy should actually be our "main" subjects at the moment - after all, they are what we can experience as the strongest antidote to the rapidly increasing intellectualization of the children. The fact that active music-making in particular is so severely restricted by the corona regulations poses a particular challenge. We should continue to try to make music together at least in small ensembles and to hum the songs for Michaelmas, St. Martin and Advent in class.
One last big topic concerns us adults ourselves: it is how to deal with our own fear, which is possibly fueled by the daily news. The children sense whether we adults are afraid and how we deal with it. They orient themselves by the attitude they experience in us. Therefore, it is crucial that we develop an attitude of warmth and trust that strengthens courage and confidence in the children themselves. Could we see this attitude as our task right now?
2nd ed., October 21st, 2020
Authors
For the working group of anthroposophic school and kindergarten physicians:
Dr. med. Renate Karutz
Dr. med. Ulrike Lorenz
Prof. Dr. med. David Martin
Dr. med. Bettina Pump
Dr. med. Martina Schmidt
Dr. med. Silke Schwarz
Georg Soldner
translated by Susan Howard
Literature
- Hurter U, Wittich J. Perspektiven und Initiativen zur Coronazeit. Dornach: Verlag am Gotheanum; 2020.
- Glöckler M. Kita, Kindergarten und Schule als Orte gesunder Entwicklung. Erfahrungen und Perspektiven aus der Waldorfpädagogik für die Erziehung im 21. Jahrhundert. Stuttgart: Pädagogische Forschungsstelle; 2. überarb. Auflage 2020.
- Macartney K, Quinn HE, Pillsbury AJ et al. Transmission of SARS-CoV-2 in Australian educational settings: a prospective cohort study. Lancet Child Adolesc Health 2020.
DOI: https://doi.org/10.1016/S2352-4642(20)30251-0. - Ladhani SN, Amin-Chowdhury Z, Davies HG et al. COVID-19 in children: analysis of the first pandemic peak in England. Arch Dis Child 2020;0:1–6.
DOI: https://doi.org/10.1136/archdischild-2020-320042. - Wood R, Thomson EC, Galbraith R et al. Sharing a household with children and risk of COVID-19: a study of over 300,000 adults living in healthcare worker households in Scotland. Preprint medRxiv 2020.
DOI: https://doi.org/10.1101/2020.09.21.20196428. - Schwarz S, Jenetzky E, Krafft H et al. Corona bei Kindern (Co-Ki) Studie: Relevanz von SARS-CoV-2 in der ambulanten pädiatrischen Versorgung in Deutschland. Monatsschr Kinderheilkd 2020 (im Druck).
Siehe auch https://co-ki.de/literatur. - Technische Universität Dresden. Immunisierungsgrad geringer als erwartet – Schulen haben sich nicht zu Hotspots entwickelt. Pressemitteilung 13. Juli 2020.
Verfügbar unter https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/news/immunisierungsgrad-geringer-als-erwartet-schulen-haben-sich-nicht-zu-hotspots-entwickelt. - Soldner G, Breitkreuz T. COVID-19. Der Merkurstab 2020;73(4):225–234.
DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-21241-DE.
Publishers
Association of Anthroposophic Physicians in Germany (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 Munich
Phone (089) 716 77 76-0, Fax -49
www.gaed.de | info@gaed.de
School of Spiritual Science
Medical Section
PO Box
4143 Dornach
Switzerland
https://medsektion-goetheanum.org | info@medsektion-goetheanum.ch
¿Cómo podemos promover la salud?
Cómo lidiar con la pandemia de Covid en escuelas y jardines de infancia
Grupo de trabajo de médicos antroposóficos de escuelas y jardines de infancia
La pandemia de corona virus nos presenta nuevos desafíos en todo el mundo (1). Los jardines de infancia, las escuelas y los consultorios médicos reciben regularmente nuevas informaciones y normativas sobre cómo proceder en casos individuales específicos para cada comunidad, algunos llegan tarde y requieren mucho esfuerzo para llevarlos a la práctica. Las instituciones Waldorf también deben adherirse a estas regulaciones.
Sin embargo, no hay ninguna razón para que estas regulaciones por sí solas lleguen a ser tan determinantes que condicionen por si mismas nuestra vida en la escuela y el jardín de infancia. Algo característico de la identidad y la metodología de la educación Waldorf es que tanto los jardines de infancia como las escuelas son lugares para un desarrollo saludable, y esto también debería seguir siendo la norma especialmente en tiempos de COVID-19 (2). Lo decisivo para los niños y jóvenes es la actitud de los adultos: que ejemplifiquen calidez, confianza y competencia. Por tanto, nos gustaría presentar medidas preventivas adicionales y recomendaciones específicas para fortalecer la salud y hacer frente a las enfermedades infecciosas agudas en el sentido de una cooperación médico-pedagógica.
Por un lado, los niños tienen derecho a la educación, y a la protección que ofrece el estado. Al mismo tiempo, las instituciones deben garantizar que todos, alumnos, profesores y personal auxiliar estén protegidos de la mejor manera posible.
Riesgo de contagio
Mientras tanto, numerosos estudios han demostrado que los niños menores de 10 años rara vez enferman gravemente y, sobre todo, que no suponen un riesgo relevante para su entorno como fuente de infección. (3–7).
Requisito de mascarilla y regulación de distancia social
El estrés emocional y físico que lo acompaña supera el beneficio marginal a esta edad (menores de 10 años).
Especialmente con los niños pequeños los cuidados y las clases sin la cercanía y el contacto físico de los niños con el educador y el maestro son inconciliables con una pedagogía saludable. Por lo tanto, la regla de la distancia social no se puede cumplir a esta edad sin riesgo de perturbar permanentemente el desarrollo de los niños. En consecuencia, no consideramos por regla general, idóneo el uso de protección bucal y nasal para niños de hasta 10 años. Dado que esto se sigue considerando una obligación, en relación con los ministerios de educación responsables tenemos que cuestionar la falta de evidencia médica para la infancia. Las regulaciones en constante cambio, algo inédito hasta ahora, también deberían ofrecer una flexibilidad y variabilidad.
Hasta donde sabemos, para a la infección por COVID-19 se siguen aplicando para los niños mayores y adolescentes los mismos criterios y cifras que para los adultos. Sin embargo, solo se enferman gravemente en casos excepcionales.
Medidas preventivas para apoyar el sistema inmunológico
Los días son cada vez más cortos, hace más frío afuera y finalmente vuelve a llover. Lo que se esperaba con tanta urgencia de la naturaleza, parece aumentar la preocupación y el sentimiento de amenaza para las personas. Durante muchos meses, los niños y nosotros los adultos pudimos pasar gran parte de nuestro tiempo al aire libre. Podíamos movernos, tomar la luz del sol y disfrutar de la naturaleza. Para muchas familias, el encierro fue un momento particularmente bueno e íntimo pasando mucho tiempo juntos.
Ahora nos enfrentamos a un desafío completamente nuevo: las aulas se están ventilando intensamente para reducir la contaminación por aerosoles. Esto crea corrientes de aire en las clases y, por lo tanto, aumenta el riesgo de resfriados. La mejor protección contra esto es ropa de abrigo adecuada, preferiblemente en varias capas y hecha preferentemente de tejidos naturales como la lana. A diferencia del algodón, esta tiene la gran ventaja de que es agradablemente cálida y también permite permanecer caliente, aunque se moje. Infusiones tibias y tal vez unas gachas tibias para el desayuno y, a pesar de las difíciles situaciones alimenticias provocadas por el corona virus, un almuerzo tibio, también en la escuela, te calienta interiormente.
Si vemos la cantidad de procesos fríos que se han abierto camino en nuestra pedagogía como resultado de las normativas Covid, con vistas a mantener el calor serían también importantes los cuidados anímicos. Actualmente, muchos estudiantes, a diferencia de lo que ocurría antes de los confinamientos, están sentados frente a la pantalla durante más tiempo todos los días, y muy a menudo solos. Para muchos, la cercanía y el afecto se limitan al círculo familiar más cercano. La vida religiosa común, las grandes fiestas con música, danza y alegría de vivir ahora solo pueden tener lugar de forma limitada. Cantar y hacer música activa en grupos más grandes está particularmente restringido.
Por lo tanto, estamos llamados a desarrollar nuevas formas en las que los niños puedan desarrollar y sentir calor interno y externo. Desde un punto de vista médico, recomendamos hacer fricciones con aceite por la noche, p. Ej. con aceite de endrina o de malva, baños de pies con aceite de lavanda tibio por la noche, que se combinan mejor con la lectura de un cuento, posiblemente incluso con baños de dispersión de aceite, así como con ejercicios especiales de euritmia. Con ropa adecuada puedes salir confortablemente en días de frío y viento e incluso realizar largas caminatas.
Con respecto a la alimentación, ahora es mas importante que nunca, en la medida de lo posible poder cosechar, hornear y cocinar juntos. Esto crea una atmósfera cálida y activa. Dado que actualmente esto no es posible en todas partes de la escuela debido a las normas de higiene, puede ser una alternativa bienvenida a la pantalla en casa. Una infusión caliente de jengibre con miel, manzanas asadas y castañas calientes van bien con la temporada otoñal y bien combinadas podemos hacer con ellas una comida deliciosa. Llama la atención que las manzanas y uvas que nos trajo el largo verano son especialmente dulces, como un regalo especial de la naturaleza para nosotros.
Un remedio procedente de la naturaleza, que se puede utilizar de forma excelente tanto en infecciones orofaríngeas como para la profilaxis de resfriados de todo tipo, es el propóleo, un antibiótico natural a base de resina elaborado por las abejas, con el que protegen sus colmenas de intrusos. Se encuentra mas fácilmente en herbolarios, o el que pueda, que lo obtenga directamente de un apicultor.
Para mantener y reforzar las fuerzas vitales, conviene y es de suma importancia llevar un ritmo saludable de vida y cuidar el sueño de forma adecuada. Esto es particularmente importante para los más jóvenes, pero los adultos también se benefician enormemente de ello. Muchos alumnos, especialmente los de los grados medio y superior, durante la etapa de aislamiento, han echado mucho de menos este elemento rítmico y estructurante de su vida cotidiana que aportan el poder asistir al colegio o al instituto.
Cualquiera que esté actualmente enfermo, ya sea con COVID-19 u otras infecciones, debe quedarse en casa tiempo suficiente. Solo después de una buena convalecencia, el sistema inmunológico puede volver a hacer frente a nuevos procesos infecciosos. Cuando comienzan los síntomas de resfriado un baño de calor ascendente de pies puede resultar de gran ayuda. En Internet se encuentran disponibles más sugerencias de la medicina antroposófica. Se puede encontrar una descripción detallada de COVID-19 aportando elementos terapéuticos en un artículo para el caduceo (Der Merkurstab) de Georg Soldner y Thomas Breitkreuz (8) o en https://www.anthromedics.org/PRA-0939-EN.
Cuando el catarro de vías altas baja al pecho, pueden resultar eventualmente beneficiosas las aplicaciones externas y fricciones pectorales con bálsamo bronquial, o envolturas de aceite de lavanda. Si la tos se vuelve productiva, resultarán muy beneficiosas las compresas torácicas de requesón o de Quark calientes en el pecho que por lo general muy agradables a los niños.
En los enfermos por coronavirus además del tratamiento médico, han demostrado ser particularmente útiles las compresas pulmonares tibias de milenrama. En general, cuando se produce un ascenso de la temperatura corporal, es importante cuidar y apoyar el organismo calórico evitando, en la medida de lo posible, bajar la fiebre abruptamente. Las instrucciones para las aplicaciones externas descritas se pueden encontrar en el sitio web www.vademecum.org bajo “Vademécum aplicaciones externas (en la versión española)”. Las medidas ahí descritas también pueden ser utilizadas por personas no profesionales y sin que sea necesaria prescripción médica.
Disponemos de ayudas especialmente eficaces para la salud mental en los colegios Waldorf: todos conocemos la importancia de contar historias o leer en voz alta, especialmente por la mañana a la luz de las velas cuando todavía es de noche. Esto crea un ambiente de calidez, seguridad y un sentido de comunidad en la clase. Los niños pueden sumergirse en la historia y relajarse.
En estos momentos el arte, la música, la artesanía, las clases de ética cristiana y de euritmia deberían ser las asignaturas mas importantes; pues actúan a modo de fuerte antídoto contra del proceso de intelectualización cada vez mayor que se da en los niños. El hecho de que la creación musical activa en particular, haya sido y siga estando tan severamente restringida por las regulaciones del Covid, no debería impedir seguir intentando hacer música juntos, por lo menos en pequeños grupos y tararear las canciones de esta época de Micael, San Martin y Adviento en las clases.
Un último gran problema nos concierne a nosotros mismos, los adultos: lidiar con nuestros propios miedos alimentados en el dia a dia por las noticias que aparecen en todos los medios de comunicación. Los niños perciben los miedos de los adultos y su forma de afrontarlos. A ellos les sirve de orientación la actitud que vean en nosotros. Por lo tanto, ahora resulta decisivo que logremos irradiar una actitud de calidez y confianza que pueda generar en ellos coraje y confianza. ¿Seremos capaces de proponernos adoptar esta actitud en este tiempo?
2a edición, 21 de octubre de 2020
Autores
Circulo de trabajo de Medicos escolares y de Jardín de Infancia:
Dr. med. Renate Karutz
Dr. med. Ulrike Lorenz
Prof. Dr. med. David Martin
Dr. med. Bettina Pump
Dr. med. Martina Schmidt
Dr. med. Silke Schwarz
Georg Soldner
Articulo traducido por Miguel Martínez-Falero (asociación Científica Medico antroposófica de España) ACMA
Bibliografía
- Hurter U, Wittich J. Perspektiven und Initiativen zur Coronazeit. Dornach: Verlag am Gotheanum; 2020.
- Glöckler M. Kita, Kindergarten und Schule als Orte gesunder Entwicklung. Erfahrungen und Perspektiven aus der Waldorfpädagogik für die Erziehung im 21. Jahrhundert. Stuttgart: Pädagogische Forschungsstelle; 2. überarb. Auflage 2020.
- Macartney K, Quinn HE, Pillsbury AJ et al. Transmission of SARS-CoV-2 in Australian educational settings: a prospective cohort study. Lancet Child Adolesc Health 2020.
DOI: https://doi.org/10.1016/S2352-4642(20)30251-0. - Ladhani SN, Amin-Chowdhury Z, Davies HG et al. COVID-19 in children: analysis of the first pandemic peak in England. Arch Dis Child 2020;0:1–6.
DOI: https://doi.org/10.1136/archdischild-2020-320042. - Wood R, Thomson EC, Galbraith R et al. Sharing a household with children and risk of COVID-19: a study of over 300,000 adults living in healthcare worker households in Scotland. Preprint medRxiv 2020.
DOI: https://doi.org/10.1101/2020.09.21.20196428. - Schwarz S, Jenetzky E, Krafft H et al. Corona bei Kindern (Co-Ki) Studie: Relevanz von SARS-CoV-2 in der ambulanten pädiatrischen Versorgung in Deutschland. Monatsschr Kinderheilkd 2020 (im Druck).
Siehe auch https://co-ki.de/literatur. - Technische Universität Dresden. Immunisierungsgrad geringer als erwartet – Schulen haben sich nicht zu Hotspots entwickelt. Pressemitteilung 13. Juli 2020.
Verfügbar unter https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/news/immunisierungsgrad-geringer-als-erwartet-schulen-haben-sich-nicht-zu-hotspots-entwickelt. - Soldner G, Breitkreuz T. COVID-19. Der Merkurstab 2020;73(4):225–234.
DOI: https://doi.org/10.14271/DMS-21241-DE.
Publicado por
Asociaciòn de Medicos Antroposofícos en Alemania (GAÄD)
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 Munich
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49
www.gaed.de | info@gaed.de
Escuela Superior libre de Ciencia Espiritual
Medizinische Sektion
Postfach
4143 Dornach
Schweiz
https://medsektion-goetheanum.org | info@medsektion-goetheanum.ch
Beschwerde- und Vermittlungsstelle
der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD)
Stand: März 2016
Sehr geehrte Patientin,
sehr geehrter Patient,
Sie haben eine Anthroposophische Ärztin oder Arzt aufgesucht. – Auch da kann es im Kontakt zwischen Patient und Arzt manchmal vorkommen, dass etwas nicht gut läuft, dass Missverständnisse entstehen oder Fehler gemacht werden, und Ihre Erwartungen und Hoffnungen nicht erfüllt werden. Dafür kann es viele Gründe geben.
In einer solchen Situation ist es für beide Seiten am besten, wenn Sie direkt Ihren Arzt ansprechen. Das kann schon oft zu einer Lösung führen. Wenn nicht, wenn Sie meinen, ein solches Gespräch nicht führen zu können oder zu wollen, oder es nicht zu einer Lösung geführt hat, können Sie sich an die Beschwerde- und Vermittlungsstelle der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD) wenden.
Ohne Ihr Anliegen oder auch die Kompetenz Ihrer Ärztin oder Ihres Arztes infrage zu stellen, haben Sie hier die Möglichkeit, Ihre Erfahrung oder Beschwerde zu artikulieren und mit einem unserer Beratungsärzte nach Auswegen zu suchen.
Wenn Sie sich damit einverstanden erklären, werden wir kollegialen Kontakt mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt aufnehmen, die Situation ansprechen und versuchen, erste Schritte zur Wiederherstellung der Kommunikation zu gehen, oder sie/ihn auf eventuelle Fehler hinzuweisen, was weiteren Patienten zugute kommen kann.
Wenn Sie also meinen, dass Sie von einem anthroposophischen Arzt oder Ärztin unzureichend oder falsch informiert oder behandelt wurden, und eine persönliche, direkte Aussprache Ihnen nicht mehr möglich scheint, wenden Sie sich bitte an unsere Beschwerde- und Vermittlungsstelle. Ihr Anliegen wird von uns selbstverständlich vertraulich behandelt.
Wir hoffen, dass wir mit der Beschwerde- und Vermittlungsstelle der GAÄD primär einen Lern- und Reflexionsprozess anregen können, der zu einer Verbesserung der Qualität in der ärztlichen Versorgung im Rahmen der Anthroposophischen Medizin führt.
Im folgenden Dokument wird die Organisation der Beschwerde- und Vermittlungsstelle beschrieben:
Kontakt per E-Mail:
Sie schreiben eine E-Mail direkt an unseren Beraterarzt mit einem Stichwort zu Ihrem Anliegen. Bitte notieren Sie Ihre Kontaktdaten inkl. Telefonnummer und Erreichbarkeit. Der Beraterarzt wird sich sodann mit Ihnen in Verbindung setzen.
E-Mail: beschwerde@gaed.de
Telefonischer Kontakt:
Sie melden sich mit Ihrem Anliegen telefonisch bei unserer Geschäftsstelle. Sie werden dann innerhalb weniger Tage von dem zuständigen Beraterarzt zurückgerufen.
Tel. 089 / 716 77 76-0 (Montag und Mittwoch zwischen 13 und 17 Uhr)
Herausgeber
GAÄD | Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland e.V.
Herzog-Heinrich-Straße 18
80336 München
Tel. (089) 716 77 76-0, Fax -49